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SchusswaffengebrauchDie letzte Männerbastion

Beim Auftakt des Neusser Bürger-Schützenfestes bleiben die Männer unter sich: Frauen dürfen traditionell nicht mitschießen.

Büchsenspanner gut und schön, doch was ist mit den Flintenweibern? Bild: dpa

Das Städtchen Neuss wird wegen seiner unmittelbaren Nachbarschaft zur exquisiten Landeshauptstadt oft als "Fußmatte von Düsseldorf" gescholten. Doch an jedem letzten Wochenende im August vergessen die Neusser ihre übers Jahr angesammelte Schmach und genießen das Medieninteresse der Republik. Dann nämlich findet in der nach gemahlenem Speiseöl und gegorenem Sauerkraut riechenden Stadt das größte Bürgerschützenfest Deutschlands statt.

Bis zu eine Million Besucher säumen die Straßen, wenn knapp 7.000 Schützen aufmarschieren. Die Tradition geht auf das Mittelalter zurück. Damals verteidigten sich die Neusser gegen den Burgunderkönig "Karl den Kühnen". Die volksfestartige Inszenierung von Krieg begann nach der Besetzung der Stadt durch Napoleons Truppen und wird seitdem mit jenen traditionellen Uniformen zelebriert. Nur dann, wenn die Männer in wirklichen Kriegen unterwegs waren, so auch von 1939 bis 1947, mussten Königschießen, Kirmes und Komatrinken ausfallen. Ansonsten wird jedes Jahr gefeiert wie vor 180 Jahren. Natürlich marschierten zu jener Zeit nur Männer und natürlich, so zumindest die Auffassung des Neusser Bürgerschützenvereins, dürfen auch im Jahr 2007 nur Männer marschieren.

Das Neusser Schützenfest

Gilt als: das weltweit größte Bürger-Schützenfest, das von einem einzigen Schützenverein organisiert wird.

Findet immer statt: am letzten Augustwochenende. Beginnt samstags, endet dienstags.

Mit dabei: etwa 6.500 marschierende Schützen, die im Regiment organisiert sind, das sich wiederum in verschiedene Korps unterteilt; 1.200 Musiker und gut 1 Million BesucherInnen

Bedeutung: mit Königsparade, Festzügen und Königsschießen sowie Begleitveranstaltungen ist das Schützenfest definitiv der gesellschaftliche Höhepunkt in Neuss am Rhein

Darum gehts: Schützenkönig werden, der durch ein Vogelschießen ermittelt wird. Um die Königswürde kann sich jeder Schütze bewerben, sofern er finanziell sehr gut ausgestattet ist, sehr viel Zeit und eine repräsentative Gattin hat.

Karriereziel eines Schützenkönigs: Oftmals streben sie nach Ämtern in der (Lokal-)Politik, wie auch Herbert Napp (CDU), der amtierende Bürgermeister von Neuss.

Der Neusser Stadtteil Erfttal wird wegen seiner großen Häuser aus Beton, der multikulturellen Herkunft vieler seiner Bewohner und dem hohen Anteil an Hartz-IV-Empfängern schon mal als "Fußmatte der Fußmatte von Düsseldorf" bezeichnet. Aber noch aus einem anderen viel triftigeren Grund ist dem gemeinen Neusser sein Problemstadtteil suspekt. Kurz nach Bezug der ersten Häuser im Jahr 1972 gründete sich auch dort ein Schützenverein, ließ aber - völlig widernatürlich - Frauen mitmarschieren und mitschießen. Leutnant Christel Benzing kann sich noch gut an die Anfänge des Schützenwesens in Erfttal erinnern. "Damals erlaubte man den Frauen die Teilnahme am Festumzug, weil es ansonsten zu wenige Aktive gegeben hätte." In der bunt zusammengewürfelten Trabantenstadt fehlte bei vielen Bewohnern die Begeisterung für Traditionspflege.

In den umliegenden Ortschaften wurden wegen der unbotmäßigen Teilnahme der Schützinnen viele Nasen gerümpft. Einige Frauen resignierten, andere zogen fort. So schien das Damencorps der Erfttaler Schützen nur eine kurze Episode zu bleiben, bis sich im vergangenen Jahr ein knappes Dutzend Frauen um Christel Benzing scharten. Ihre Schwiegertochter, die amtierende Königin von Erfttal, Jutta Benzing, findet deutliche Worte: "Wir haben die Männer bewirtet, ihnen die abgerissenen Knöpfe wieder an die Uniformen genäht. Irgendwann haben wir uns gefragt, warum wir diesen Blödsinn mitmachen." Besonders unangenehm hatte sie in Erinnerung, wie sie in die Kragen der Uniformjacken Schweißbänder nähte, damit die Herren trocken durch die Festtage kommen.

Nach zähen Verhandlungen trotzten die Frauen den Vereinsoberen des Ortes die Zusage ab, wieder ein Damencorps gründen zu dürfen. Zwar tragen die Schützinnen in Erfttal keine Waffen. Statt mit Säbel oder Holzgewehr grüßt frau mit der bloßen Hand. Zwar ist ihr Zwirn nicht wie das der Männer in Jägergrün, sondern in Bordeaux gehalten. Zwar müssen sie weiterhin abgerissene Knöpfe annähen, wahrscheinlich sogar noch mehr, weil auch ihre eigenen. Aber sie dürfen bei der Parade in Erfttal mitmarschieren.

Was aber macht den Genuss dieser Tätigkeit aus? Zunächst erscheint den Frauen des Zuges "FlimmFlämmkes", zu Deutsch "Glühwürmchen", diese Frage etwas unverständlich. Es sei schwer, dies jemandem zu erklären, der noch nie ein Schützenfest erlebt hat. Dann aber sagt Oberleutnant Gundula Hein: "Wenn wir Frauen anmarschiert kommen, gibt es einen extra großen Applaus." Andere wiederum, besonders Schützen aus der Stadt, boykottieren das örtliche Fest. In bleibender Erinnerung ist der Erfttaler Königin Jutta der letzte Neusser Königsehrenabend, der immer zwei Wochen vor dem Schützenfest stattfindet. Zur Stadthalle haben an jenem Tag traditionell nur Männer Zutritt. Als Jutta Benzing einen Schritt in das Gebäude setzte, wurde sie von einem alten Schützen angeschrien: "Frauen raus!"

Zum Schützenfest nach Neuss werden viele der Erfttalerinnen nicht gehen. Wenn sie mitmarschieren dürften, wäre es vielleicht etwas anderes. Zur Beschreibung der Mächtigen des Neusser Schützenwesens fallen unfreundliche, nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Worte. Zwar gebe es eine Bundeskanzlerin, vielleicht bald eine amerikanische Präsidentin. Eine Schützenkönigin in Neuss, die nicht nur Frau des Königs ist, sondern durch ihre eigenen Leistungen den Titel erhält, werde es nie geben.

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1 Kommentar

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  • K
    Karl

    Was für ein lächerlicher Artikel. Lutz Debus, Du bist eine ganz große Heulsuse! Und um von Schützenfest eine Ahnung zu haben, sollte man mal aus seinem einfältigem Weltbild ausbrechen und einfach mal dabei sein. Aber Vorsicht, grünen Tee und Problemkerzen gibt's nicht - dafür einen Eindruck wie das wirkliche Leben funktioniert. Und man sieht Menschen, die ein Schreiberling bei der taz sonst nie zu Gesicht bekommt (weißt schon, wirkliche Arbeiter, die sich um Ihre Existenz Gedanken machen müssen oder Akademiker, die mal nicht als linkes Feindbild taugen, sondern sich in ihren Gemeinden engagieren und für die Gesellschaft einsetzen). Aber das ist zuviel Praxis für den politisch-korrekten Theoretiker...