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„Schuppen in bester Lage“

■ „Schaffnerhaus“ am Bürgerpark soll abgerissen werden. Der Schwachhauser Beirat ist empört

Das Schaffnerhaus in der Gustav-Deetjen-Allee ist nicht zu übersehen: Zwischen der blank polierten Glasfront des Maritim Hotels und der schmucken Fassade des Parkhotels, wirkt das knapp 70 Jahre alte Häuschen wie ein Relikt aus längst vergangenen Tagen. Straßenbahnschaffner traten hier einst zum Schichtwechsel an und machten ihre Pausen. Ein zweites Gebäude dieser Art gibt es in Bremen nicht. Insofern ist das Haus eine historische Rarität, auch wenn es nicht unter Denkmalschutz steht. Das Schaffnerhaus stammt außerdem vom Reißbrett des bekannten Bremer Architekten Rudolf Jacobs, der unter anderem auch das Haus am Markt entworfen hat.

Doch all das scheint die Bremische, die das Haus für die Stadt verwaltet und die der juristische Eigentümer ist, nicht zu beeindrucken. Das Schaffnerhaus stört „das Entreé“ des Bürgerparks – meinen Bremische und Bürgerparkverein. Um den Eingangsbereich des Bürgerparks „zu verschönern“, sollen auf dem Grundstück Rasen gesät und ein paar Bäume gepflanzt werden. Von der Bremischen selbst war bis Redaktionsschluß keine Stellungnahme zu erhalten.

„Das ist unglaublich“, empört sich Barbara Matuschewski, Beiratssprecherin der SPD im Schwachhauser Beirat. „Da soll ein historisches Gebäude abgerissen werden, obwohl es keine vernünftigen Gründe dafür gibt.“ Barbara Matuschewski hat die Mehrheit der Beiratsmitglieder hinter sich. Eine Koalition aus SPD, Grünen, AfB und PDS hat im Februar gegen den Abriß des Schaffnerhauses gestimmt. Die Beiratsmitglieder wollen in dem Schaffnerhaus einen Kunstverein unterbringen. Sogar einen Investor, der die gesamte Renovierung des baufälligen Hauses aus eigener Tasche zahlen will, ist gefunden. Die norwegische Firma NORBO will die Renovierung von insgesamt 387.000 Mark aus eigener Tasche zahlen. Dafür will die Firma, die nach eigenen Angaben energiesparende Häuser baut, in einem Raum im Obergeschoß des Schaffnerhauses Informationsmaterialien auslegen. „Das ist doch ein gutes Angebot“, findet Barbara Matuschewski. „Der Stadt würden keine Kosten für die Renovierung entstehen, und wir könnten ein Kulturhaus schaffen, das allen offensteht.“

„Das wäre eine gewerbliche Nutzung und die ist in dem Gebiet nicht vorgesehen“, wehrt hingegen Hartmut Spiesecke, persönlicher Referent von Bausenator Bernt Schulte (CDU) ab. Der Bausenator hat jetzt ebenfalls seinen Segen zu dem geplanten Abriß gegeben, und zwar so schnell wie möglich, damit das Haus nicht besetzt werden kann. „Das Haus ist, mit Verlaub gesagt, nichts weiter als ein Schuppen in bester Lage“, spottet Spiesecke. Die Behörde müsse dem Abrißantrag allerdings in jedem Fall zustimmen. „Da das Gebäude rein juristisch der Bremischen gehört, ist das genauso, als wenn Sie einen Antrag stellen, Ihr Haus abreißen zu lassen. Dem Antrag ist stattzugeben.“ Das sei auch der Grund, warum der Beirat nicht zu einem Schlichtungsgespräch mit dem Bausenator eingeladen worden sei. „Ein Schlichtungsgespräch findet nur statt, wenn es juristischen Spielraum gibt, den gibt es hier aber nicht“, betont Spiesecke.

Eine Erklärung, die die Beiratsmitglieder nicht zufrieden stellt. „Da steckt etwas ganz anderes hinter“, vermutet ein Beiratsmitglied, das namentlich nicht genannt werden möchte. „Das Haus soll weg, weil es einfach nicht in die Gegend paßt.“ Und in der Tat ist die Lage des Schaffnerhauses in direkter Nachbarschaft zu den Hotels nicht nur in architektonischer Hinsicht ein starker Kontrast: Während die Gäste in den Nobelhotels 200 bis 450 Mark für eine Übernachtung bezahlen müssen, sind in dem Schaffnerhaus Obdachlose untergebracht. kes

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