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Schulpolitik: Auswege aus dem Dissens

Zum Patt zwischen Senat und Partei in der Schulstandortfrage  ■ INTERVIEW: HERBERT BRÜCKNER

taz:Die Bildungspolitik geht in die Sommerpause und alle wichtigen Fragen sind offen: Wohin kommt die Gesamtschule Mitte? Welche gymnasiale Oberstufe wird geschlossen? Wird überhaupt eine geschlossen? Geht die Partei mit einer Niederlage gegenüber dem Senat in die Ferien oder war es ein Erfolg, und damit auch ein Erfolg des Landesvorsitzenden, daß die Partei nahezu geschlossen gegen die Vorstellungen des Senats gestimmt hat?

Herbert Brückner: Es ist eindeutig eine starke und vermutlich im Ergebnis auch erfolgreiche Aussage der Partei gewesen, gegen die Aussagen des Bürgermeisters und des Bildungssenators, selbst gegen den moderaten Vorschlag des Landesvorsitzenden, zu sagen, was die Partei will, so daß jetzt der Senat die Aussage der Partei umsetzen muß in praktisches Handeln. Alle Argumente, die vom Senat vorgetragen wurden, haben nicht überzeugt.

Ich habe gerade heute einen Brief des Bildungssenators bekommen, daß er versucht, im Auftrag des Senats Lösungsmöglichkeiten zu finden, wie der Dissens zwischen Senat und Partei in Sachen „Schulstandorte“ beigelegt werden kann.

Trotzdem, zwei Tage vor dem Landesparteitag haben Sie noch gesagt: „Wenn ein sozialdemokratischer Parteitag sagt: Die Gesamtschule Mitte soll ins Schulgebäude Hemelinger Straße dann hat ein sozialdemokratischer Senat solche Beschlüsse auch umzusetzen.“ Zwei Tage später sagt Ihnen der sozialdemokratische Bürgermeister: „Genossen, ihr könnt da beschließen, was ihr wollt. Das machen wir nicht“

Nicht ganz so, der Bürgermeister und der zuständige Fachsenator haben gesagt, „Bitte, gebt uns noch etwas Zeit, denn das, was ihr jetzt beschließen wollt, können wir nicht machen, weil es Geld kostet“. Dieses Argument ist aber offensichtlich nicht überzeugend, wenn die gleichen Delegierten auf dem vorhergegangenen Parteitag auf ausdrücklichen Wunsch des Senats 40 Millionen für die Flughafenerweiterung beschließen. Deshalb mußte ganz klar gemacht werden, daß die inhaltlichen Vorstellungen der Partei zur Bildungspolitik, insbesondere zur Gesamtschule, höher stehen als zwei, drei Millionen Mark Investitionen.

Nach meiner Erinnerung ist es ein bislang einmaliger Vorgang, daß ein solcher Konflikt auf einem Parteitag aufbricht und der Senat die Partei „mit Ansagen“ vor den Kopf stößt. Warum wurde zum Schluß von beiden Seiten derart hoch gepokert?

An mir hat das nicht gelegen. Ich habe bis zum Schluß versucht, einen Kompromiß zu finden. Vielleicht ist die Eindeutigkeit der Partei in dieser Frage einfach unterschätzt worden. Mir läge jetzt sehr daran - das ist meine pragmatische Art, Politik zu machen - Kompromißwege zu suchen. Aber wenn es nicht anders geht, behalten die Delegierten die letzte Entscheidung.

Stichwort „Kompromißsuche“. Wie geht's jetzt weiter? Macht der Bildungssenator in den Ferien Hausaufgaben oder überlegt die Partei, wo sie bereit ist, Abstriche von ihren Beschlüssen zu machen?

Im Augenblick hat eindeutig der Bildungssenator seine Hausaufgaben, und je nachdem, wie seine Vorschläge aussehen, wird man darüber reden, ob der Parteitagsbeschluß lupenrein oder teilweise erfüllbar ist. Und davon wiederum wird abhängen, ob der SPD-Landesvorstand das entscheiden kann oder ob der nächste Parteitag entscheiden muß. Fragen: Klaus Schloesse

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