Schulmaterial über die Bundeswehr: Reklame aus der FDP-Zentrale
Einseitiges Lehrmaterial über die Bundeswehr steht in der Kritik. Das Verteidigungsministerium lässt die Unterrichtspapiere bei einem FDP-nahem Verlag erstellen.
KASSEL taz | Unterrichtsmaterial über Bundeswehr, Krieg und Frieden hat bei Linkspartei und Erziehungsgewerkschaft GEW Kritik hervorgerufen. 120.000 Euro im Jahr investiert das Verteidigungsministerium in ein Schüler- und ein Lehrerheft sowie eine Website mit monatlichem Arbeitsblatt über „Frieden & Sicherheit“.
Die Aufgaben lauten etwa: „Erörtern Sie das Selbstverständnis der Bundeswehr, das sich in der Kernbotschaft ’Wir. Dienen. Deutschland.‘ ausdrückt“. Von Kritik zum Beispiel am Afghanistaneinsatz keine Spur. 66.000 Exemplare des Heftes wurden zuletzt 2010 gedruckt. Seither können die Materialien nur noch heruntergeladen werden. Das Geld fließt allerdings in gleicher Höhe weiter.
Martina Schmerr vom GEW-Vorstand erklärt dazu, Hefte und Blätter seien zwar gut gestaltet, „aber sie beeinflussen die Schüler einseitig“. Zuletzt habe unter LehrerInnen ein Arbeitsblatt über den Nato-Libyen-Einsatz für Aufregung gesorgt. „Wann ist Krieg erlaubt?“ habe es geheißen, das Kriegs- und Gewaltverbot der UN sei nicht einmal genannt worden.
Die Innenpolitikerin der Linksfraktion Ulla Jelpke hält die Materialien „nicht nur bildungspolitisch für skandalös, sondern ich bezweifle auch die Rechtmäßigkeit“. Die Schülermagazine seien „nichts weiter als modifizierte Reklamebroschüren der Bundesregierung“.
Inhalte von FDP-naher Firma erstellt
Dies bestreitet die Regierung scharf. Der Herausgeber, die Wiesbadener Stiftung „Jugend und Bildung“, werde bloß vom Verteidigungsministerium „im Themenbereich Bundeswehr“ beraten. Auch werde das fertige Material dann lediglich vom „Fachpersonal für Öffentlichkeit“ gesichtet, erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage Jelpkes.
Wirklich erstellt werden die Materialien von der Universum Kommunikation und Medien AG, ein Unternehmen mit unübersehbarer Nähe zur FDP. Nicht nur sitzt es mit in der FDP-Zentrale, dem Thomas-Dehler-Haus in Berlin. Der Aufsichtsratschef der AG und Gründer der „Jugend und Bildung“-Stiftung Siegfried Pabst ist auch ehemaliger Leiter der politischen Abteilung der FDP. Der mit der Medien AG verbundene Universum Verlag befindet sich über eine Tochterfirma sogar zu 50 Prozent im Besitz der liberalen Partei.
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