: Schulden erdrücken die blockfreien Staaten
■ Blockfreien-Gipfel beendet / Kritik an Entfernung von Grundsätzen / Umweltschutz-Fond vorgeschlagen
Belgrad (dpa/taz) - „Effektiver und zeitgemäßer“ wollten die Jugoslawen laut Außenminister Budimir Loncar die Bewegung gestalten, doch der Gipfel der 102 blockfreien Länder in Belgrad hat die gewünschten Reformen noch nicht gebracht. Statt der von ihnen vorgeschlagenen elf politischen Dokumente, mußten die Gastgeber zu guter Letzt 20 akzeptieren. Sie konnten auch nicht verhindern, daß sogenannte Hardliner wie Ghana, Libyen und Kuba deutlich schärfere Formulierungen an die Adresse der westlichen Länder durchsetzten. Der Gipfel ging am frühen Freitag mit mehrstündiger Verspätung zu Ende. Die Beschränkung der Redezeit auf 20 Minuten wurde von vielen Staatsoberhäuptern schlicht mißachtet: Indiens Radjiv Gandhi sprach 40 und Libyens Muammar el-Gaddafi sorgte mit seiner knapp 90 -minütigen Rede für einiges Aufsehen.
In wahlkampfwirksamer Tradition seines Großvaters Nerhu, der vor fast 30 Jahren zu den drei Gründern der Bewegung zählte, unterbreitete Radjiv Gandhi gleich zu Beginn der Konferenz einen der wenigen konstruktiven Vorschläge. Er plädierte für einen Fond zum Schutze des Planeten, dem sowohl die Entwicklungsländer als auch die Industrienationen angehören sollen. Wenn jedes Land 0,1 Prozent seines Bruttosozialprodukts einbrächte, würde die Einrichtung, die sich mit dem bedrohten ökologischen Gleichgewicht befassen soll, über ein jährliches Budget von rund 35 Milliarden Mark verfügen.
Der Venezulaner Carlos Perez bezeichnete hingegen die Schuldenlast als „Problem von größter Priorität“, dem die sieben führenden Industrienationen auf dem Pariser Gipfeltreffen im Juli nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt hätten. 22 der insgesamt 53 Paragraphen ihres Abschlußkommuniques hätten Umweltfragen behandelt, während auf den Vorschlag der Nord-Süd-Konferenz nicht eingegangen worden sei. Die Blockfreien verlangten in ihrem Schlußdokument von Belgrad eine Konferenz mit den Industrieländern über ihre Wirtschaftsprobleme. „An dem Abfluß von Kapital und ihrer sinkenden Kaufkraft gehen die Entwicklungsländer zugrunde“, heißt es in den Wirtschaftsdokumenten.
sl
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen