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Schulden durch CoronaRisiko muss gerecht verteilt werden

Damit die wirtschaftlichen Lasten der Corona-Krise nicht nur Gewerbetreibende treffen, muss der Gesetzgeber eingreifen. Vor allem bei Schulden.

Der Betrieb stockt, die Miete läuft weiter: ein Lokal in Freiburg Foto: Patrick Seeger/dpa

Berlin taz | Die Corona-Krise stört Geschäftsabläufe. Wer einen Club betreibt, eine Kneipe, ein Restaurant, ein Kino oder eine Eventhalle, vermutlich auch ganz andere Unternehmungen: Der hat einen Mietvertrag geschlossen, Kredite aufgenommen, Versicherungen abgeschlossen. Er hat Einbauten in den Räumen vorgenommen, Geschäftsausstattungen erworben und eingebracht. Als er das Geschäft geplant und die Verpflichtungen eingegangen ist, kannte er allerlei mögliche Risiken und konnte vorsorgen. Die Corona-Krise kannte er nicht. Die kannte auch nicht sein Vermieter, sein Kreditgeber, aber auch nicht der Versicherer.

Solange der Mieter sein Geschäft nicht betreiben kann, weil es entweder durch die Seuchenordnungsbehörde untersagt oder faktisch unmöglich geworden ist, weil Frau Merkel empfohlen hat, die sozialen Kontakte einzustellen, laufen alle diese Verpflichtungen (aus Dauerschuldverhältnissen) weiter.

Wenn das nicht geändert wird, wird die Corona-Krise zu einer massiven Umstrukturierung der Wirtschaft und Umverteilung unter den Unternehmen führen: Die Mieter, Kreditnehmer etc. werden – voraussichtlich – über Monate, vielleicht Jahre keine Einnahmen erzielen, dafür aber Schulden anhäufen. Sie stehen in der Verpflichtung, Insolvenzen anzumelden, werden zahlungsunfähig. Das führt zu einer Umverteilung: Die gewerbetreibenden Dauerschuld-Schuldner häufen Schulden an, verlieren am Ende ihre Unternehmen, die Einbauten, das Inventar usw., das in die Hände der Vermieter oder Gläubiger fällt.

Die Regierung verspricht Kurzarbeitergeld (ist sinnvoll, weil das die Arbeitsverhältnisse pflegt und erhält, und den Arbeitnehmern zugutekommt), die Stundung von Steuern (ist relativ sinnlos: Wer nichts verdient, muss eh keine Steuern zahlen) und Kredite (ist sinnvoll, führt aber – wenn die Verpflichtungen aus Dauerschuldverhältnissen weiterlaufen – in die Überschuldung, denn die Kredite müssen zurückgezahlt werden. Kredite beseitigen zudem die Konkursantragspflicht nicht, die für jeden Unternehmer auch besteht, wenn er überschuldet ist, aber aufgrund der Kredite noch zahlen kann).

Anspruch auf Mietzahlungen verlieren

Tatsächlich ist es nur gerecht, das Risiko zu teilen: Der Vermieter muss für die Dauer der Corona-Krise den Anspruch auf Mietzinszahlung verlieren, der Kreditgeber den Anspruch auf Zins- und Tilgungszahlung, der Versicherer den auf die Zahlung von Betriebsausfallrisikoversicherungsprämien usw. Der Dauerschuld-Schuldner muss das kraft Gesetzes verlangen dürfen.

Am Ende dieser Nahrungskette gerät dann möglicherweise auch der Vermieter, der seine Immobilie fremdfinanziert hat, in Schieflage; der Versicherer kann sein Personal nicht bezahlen und seine Aktionäre nicht mit Dividenden versehen. Dann mag an der einen oder anderen Stelle die Subvention der Regierung einsetzen (sicher nicht beim Aktionär). Aber es sollten nicht Kredite dem Mieter gegeben werden, der gleichzeitig gezwungen wird, die Miete in voller Höhe weiter zu zahlen und sich zu verschulden.

Der Bundesgesetzgeber – also die Bundesjustizministerin und der Bundeswirtschaftsminister, der Bundestag und der Bundesrat – muss die Aussetzung der Pflicht regeln, Dauerschuldverhältnisse, die während der Corona-Krise für die eine Seite ohne geschäftlichen Sinn sind, teilauszusetzen. Vergleichbare Einschnitte in bestehende Dauerschuldverhältnisse kennt die Rechtsordnung im Insolvenzrecht. Der Vorschlag ist also nicht rechtsordnungswidrig und hat nichts mit Sozialismus zu tun, sondern verlangt die gerechte Aufteilung von Risiken, die neu entstanden sind.

Es gibt ein negatives historisches Vorbild: In der Inflationskrise der 1920er Jahre gab es Versuche, den durch die Inflation Unterlegenen Anpassungsrechte nach Treu und Glauben durch die Rechtsprechung zu eröffnen. Funktioniert hat das damals nicht, die Inflation führte bekanntlich auch zu einer stabilitätsgefährdenden Umverteilung mit Verelendung der Verlierer dieser Wirtschaftsentwicklung (damals waren das auch Vermieter, die die Mietzinshöhe nicht anpassen konnten).

Es muss daher sofort und ab Stichtag März 2020 das Recht des Schuldners im Dauerschuldverhältnis eingeführt werden, vom Gläubiger zu verlangen, die Zahllast zu reduzieren. Das hat der Schuldner zu begründen, dem Gläubiger muss ein Prüfungsrecht zustehen. Führt das Schuldnerbegehren zu Härten beim Gläubiger, muss ein Interessenausgleichsverfahren installiert werden, notfalls vor Gericht.

Aber es muss – sofort – vom Bundesgesetzgeber geregelt werden, dass die Lasten der Corona-Krise nicht einseitig von den Dauerschuld-Schuldnern getragen werden, die Gläubiger hingegen im Falle ausbleibender Mietzahlung Kündigungsrechte, Pfandrechte am Inventar und Betrieb, Räumungsrechte und Zwangsvollstreckungsrechte behalten.

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1 Kommentar

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  • Aus der Bankenkrise hat man gelernt und die Banken stressfest gemacht. Wenn man aus der Corona-Krise lernt, dann sollte jedes kleine und große Unternehmen künftig nachweisen, das es zwei, drei Monate ohne Einnahmen auskommen kann, damit künftig Steuerzahler und Sozialkassen nicht belastet werden.