Schulden, Schulden, Schulden: Der Währungsschnitt droht

Während viele über Deflation reden, zeichnet sich ab, dass die milliardenschweren staatlichen Rettungspakete leicht zur Inflation führen können. Dann steigen die Preise, statt zu sinken.

Deflation, Inflation, Währungsschnitt: Was kommt da auf uns zu? Bild: dpa

Der Leitzins bleibt bei zwei Prozent. Das verkündete die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag nach ihrer Ratssitzung. Dabei drängen Volkswirte auf eine schnelle Absenkung - nicht mehr nur, um die Kredite zu verbilligen und die Konjunktur anzukurbeln, sondern auch um die Preise im Rahmen zu halten.

Für normal hält die EZB selbst eine Inflationsrate von 2 Prozent. Im Januar aber stiegen die Preise in der Eurozone um gerade einmal 1,1 Prozent. Allerdings ist wegen der verschiedenen finanzpolitischen Maßnahmen der EU-Länder schwer abzuschätzen, ob die Entwicklung auch so weitergeht. Die Finanzkrise könnte dann direkt in die Deflation führen. In Folge der billionenschweren Rettungspakete vieler Regierungen droht aber umgekehrt auch eine Inflation, die unsere Ersparnisse entwerten wird.

Eine Deflation beginnt oft damit, dass Aktienkurse und Immobilienpreise - wie derzeit - fallen. Schlimm wird es, wenn auch die Verbraucherpreise sinken. Dann verdienen Produzenten und Dienstleister weniger und können sich keine Kredite mehr leisten. Sie entlassen Mitarbeiter. Damit sinken Kaufkraft und die Nachfrage nach Rohstoffen und Investitionsgütern - auch hier fallen die Preise.

Eine derartige Abwärtsspirale kennzeichnete die Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre, als die Preise um fast ein Viertel zurückgingen. Japan hat sich bis heute nicht von der Deflation Anfang der 1990er-Jahre erholt, die Folge der geplatzten Immobilienblase war. Der Teufelskreislauf droht jetzt wieder.

Die Nachfrage schwächelt, die Preise sind unter Druck. Wenn überdies Schulden abgebaut oder abgeschrieben werden, schrumpft die Geldmenge. "Die Inflationsangst wird aus der Debatte verschwinden", ist Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter überzeugt. Doch die Regierungen haben ja aus den Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise gelernt. Für Konjunkturprogramme und die Rettung ihrer Banken will beispielsweise die US-Regierung etwa zwei Billionen Dollar aufwenden. Das Haushaltsdefizit würde dadurch auf elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) anschwellen. Der Stabilitätspakt der Eurozone sieht eine Höchstgrenze von drei Prozent vor. Der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff sieht die Inflationsrate infolge dieser Geldschwemme auf bis zu sechs Prozent steigen.

In Europa sind die meisten Regierungen noch etwas zurückhaltender mit ihren Programmen. Gut 50 Milliarden Euro neue Schulden will die Bundesregierung aufnehmen. Das Haushaltsdefizit dürfte wieder auf drei Prozent des BIP steigen. Unklar ist, ob es dabei bleibt, wenn sich die Finanzkrise noch deutlich verschlimmern sollte. Das Problem staatlicher Konjunkturprogramme ist das Timing. Öffentliche Bauvorhaben müssen geplant werden. Steuersenkungen greifen verzögert, sind dann aber kaum rückgängig zu machen. Die Konjunktur springt also womöglich schon wieder an, während die staatlichen Gelder weiter fließen. Das kann zu enormen Inflationsraten führen. Und es gibt noch mehr Risiken: Wie kommt der Staat wieder herunter von seinen Schulden? "Sparen", sagen viele Politiker und fordern eine Schuldenbremse.

Doch Sparen funktioniert nicht immer. Einfacher ist es, die Geldpresse anzuwerfen: Das neue Geld, mit dem der Staat Rechnungen bezahlt, löst zwar eine Inflation aus. Aber wenn das Geld weniger wert ist, werden auch die Schulden entwertet. Das hält Rogoff für die schmerzloseste Art des Schuldenabbaus: "Die großen Notenbanken der Welt müssen endlich anerkennen, dass ein plötzlicher Ausbruch einer moderaten Inflation extrem hilfreich wäre, um den Schuldenmorast auszutrocknen."

Hierzulande ist jedoch eher die Erinnerung an 1923 lebendig, als die Geld- und damit Schuldenentwertung nach dem Ersten Weltkrieg in einer Hyperinflation endete. So sehr schreckt diese Aussicht Anleger, dass man derzeit immer häufiger von einem drohenden Währungsschnitt munkeln hört, mit dem der Geldüberhang dann irgendwann einfach gekappt würde. Wie damals 1923 und noch einmal, nach dem nächsten Krieg, 1948. Ein ehemaliger Banker, der inzwischen den Anlegerbrief SilberBulletin herausgibt, schreibt von der "kommenden Währungsreform", als sei die so gut wie da: "Das System hat keine Zukunft in seiner heutigen Ausprägung. Die Summen, die im Raum stehen, sind für eine erfolgreiche Rettung viel zu gewaltig."

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