Schul- und Unistreik in 70 Städten: Studenten planen Banküberfall

Bis zu eine Viertelmillion Schüler und Studenten gehen gegen Turbo-Abitur und Schnellstudium auf die Straße. Am Donnerstag wollen sie in mehreren Städten Banken stürmen.

Fühlen sich gerade in der Wirtschaftskrise schlecht behandelt: Studenten in Freiburg. Bild: ap

Ein bisschen witzig ist das schon. Ausgerechnet am 17. Juni demonstrieren die Bildungsstreiker - und starten ihren Protestzug in Berlin nur wenige hundert Meter entfernt von der Straße, in der genau vor 56 Jahren die DDR-Arbeiter den Aufstand wagten.

Ein Aufstand ist der bundesweite "Bildungsstreik" nicht ganz geworden. Aber nach Angaben der Initiatoren gingen deutschlandweit etwa 240.000 Menschen auf die Straße, die Nachrichtenagenturen berichteten von insgesamt rund 100.000 Teilnehmern. In mehr als 70 Städten gab es Demonstrationen, darunter in Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Hannover und Mainz.

Es ist das erste Mal seit langem, dass Schüler und Studenten gemeinsam bundesweit auf die Straße gehen. Sie demonstrierten für mehr Lehrer und Professoren, kleinere Klassen, gegen Studiengebühren, das auf zwölf Jahre verkürzte Abitur und die neuen Bachelorstudiengänge. Und generell für mehr Geld für die Bildung, gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise. "Investiert in uns" stand auf ihren Transparenten. Oder einfach nur: "Bildung statt Banken".

Die Berliner Psychologiestudentin Tina Schneider, 29, ist mit ihrer zweijährigen Tochter zur Demonstration gekommen. "Bachelor ist familienfeindlich", steht auf ihrem Schild. Wegen der neuen, strafferen Studiengänge mit strenger Anwesenheitspflicht habe sie kaum Zeit für ihre Tochter. "Das Maß ist voll", sagt sie. Eine 14-jährige Schülerin ärgert sich vor allem über die schlechte Ausstattung ihrer Berliner Schule. "Die Klassen sind überfüllt, die Bücher für n Arsch und die Computer voll veraltet", sagt sie. "Und wir haben viel zu wenige Lehrer, die kriegen dann irgendwann alle mal Burn-out."

In Hamburg richtete sich die Kritik vieler Demonstranten gegen Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz. "Queen Moni stürzen", hieß es auf einem Transparent. Auweter-Kurtz steht seit Wochen wegen ihres autoritären Führungsstils in der Kritik. In Niedersachsen demonstrierten viele auch gegen das am Dienstag verabschiedete neue Schulgesetz und das darin verankerte "Turbo-Abi" auch an Gesamtschulen.

In Mainz haben Demonstranten das Abgeordnetenhaus des Landtags gestürmt. Sie beschmierten Wände mit Parolen und entwendeten Teile einer Ausstellung zum 20. Jahrestag des Mauerfalls, wie ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Landtags sagte. "Das sieht aus wie nach einer kleinen Schlacht."

Unterstützt wurde der bundesweite Protest unter anderem von den Gewerkschaften Ver.di und GEW sowie Politikern von SPD, Grünen und Linkspartei.

Dagegen bezeichnete Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) die Proteste am Mittwoch als "gestrig". Die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge sei alternativlos, sagte sie. Dennoch räumte sie ein, dass bei "Einzelheiten" nachgebessert werden müsse.

Für diesen Donnerstag haben die Bildungsstreiker angekündigt, in mehreren Städten symbolisch Banken zu überfallen, um ein Rettungspaket für die Bildung einzufordern.

Am Freitag wollen sie dann beim Treffen der Kultusminister in Berlin protestieren. Auch das ist ein symbolträchtiges Datum: Am 19. Juni vor genau zehn Jahren haben Europas Bildungsminister in Bologna die Vereinheitlichung der Hochschulen beschlossen.

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