piwik no script img

Schuhwurf auf Chinas PremierStaatsmedien schweigen

Im britischen Cambridge ist der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao mit einem Schuh beworfen worden. Der in Mode gekommene Protest gegen Staatslenker wird diesmal in China verschwiegen.

Moderner Protest: Das Schuhewerfen etabliert sich. Bild: dpa

PEKING dpa Chinas Staatsmedien haben den Schuhwurf auf Ministerpräsident Wen Jiabao bei einer Rede in der britischen Universitätsstadt Cambridge verschwiegen. Das Außenministerium in Peking protestierte am Dienstag aber gegen das "verabscheuungswürdige Verhalten" des Täters: "Ein Mann hat verzweifelt versucht, die Ordnung im Saal und die Rede zu stören. Sein Verhalten stieß auf energischen Widerstand des ganzen Publikums. Er wurde ausgebuht und abgeführt", gab das Ministerium seine Version des "Zwischenfalls", ohne den Schuhwurf zu erwähnen, der an einen ähnlichen Angriff auf US-Präsident George W. Bush im Dezember in Bagdad erinnerte.

Die amtlich kontrollierten Medien und Webportale sprachen nur von einer "Störung" der Rede. Allein eine Finanz-Webseite erwähnte den Schuhwurf in einer längeren Geschichte über Arbeitslosigkeit in China durch die Wirtschaftskrise nur mit einem Satz, so dass es der Zensur möglicherweise nicht aufgefallen war. Der Turnschuh hatte Wen Jiabao verfehlt. Er kommentierte auf Chinesisch: "Diese verachtenswerte Tat kann die Freundschaft zwischen dem chinesischen und britischen Volk nicht aufhalten." Sein dreitägiger Besuch in Großbritannien war von Protesten vor allem gegen Chinas Tibet-Politik überschattet.

Im Gegensatz zur jetzigen Empörung hatte das Außenministerium den Schuhwurf auf US-Präsident Bush im Dezember noch humorvoll kommentiert. Der damalige Sprecher Liu Jianchao sagte auf einer Pressekonferenz vor ausländischen Journalisten dazu: "Ich sollte nicht nur auf jene achten, die ihre Hand heben, sondern auch auf solche, die ihre Schnürsenkel aufschnüren." Den Satz wertete Chinas Staatsagentur Xinhua später als Beweis für den besonderen Humor des Leiters der Informationsabteilung des Außenministeriums.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • V
    vonirgendwo

    Die Taz titelt wie andere deutsche Medien: "Staatsmedien schweigen"

     

    Der Schuhwurf fand nach CHINESISCHER Zeitrechnung nach Mitternacht statt, in den Hauptnachrichten am abend des nächsten Tag wurde darüber berichtet.

     

    Also - wenn ich das so richtig verstehe - wenn die Chinesen nicht nach westlicher Zeitrechnung eine sofortige 5 stündige Reportage inklusive Programmunterbrechung, in der der Schuhwerfer gepriesen wird, ausstrahlt und diese weltpolitisch unwichtige Nachricht erst in den normalen 8 Uhr Nachrichten bringt, wird das als Zensur und Verschweigen gedeutet. lol

     

    Könnte es nicht sein, dass die westlichen Medien nicht ein wenig voreingenommen agieren?

    Hab neulich einen chinesisch politischen Witz/Spruch gehört - ging ca. so: Onkel Wen gibt einen kleinen Jungen ein Bonbon = "Chinesischer Diktator verbreitet Karies"

     

    Nach langjähriger Erfahrung mit China und auch mit dem Denkweisen der Zensur, schätze ich mal, dass es so abgelaufen ist. Einige Redakteure/Zensurstellen werden zuerst mal geschnitten haben - dann gab es eine Diskussion (Frage - bringen wir das jetzt sofort und stellen es ins Zentrum, gibt es Wut innerhalb der chinesischen Bevölkerung gegen England - bringen wir es nicht, kommt es trotzdem schnell ans Licht und wir stehen als Verschweiger blöd dar - ergo Lösung, wir bringen es sachlich ohne großes Tamtam in den Abendnachrichten --> keine Krise China/England - was in Zeiten einer Weltwirtschaftskrise keine tolle Idee wäre)

  • MN
    mein name ist hase

    es lebe der schuh!!!