: Schüsse unter Rechten
■ Kampf zwischen türkischen Rechtsextremisten / Illegaler Schießkeller in Wedding entdeckt / Unbeteiligte gefährdet
Türkische Rechtsextremisten tragen ihre Flügelkämpfe mit immer härteren Mitteln aus. Wie bereits berichtet, war es am Montag früh in der Kreuzberger Obentrautstraße zu einer wilden Schießerei gekommen. Der Leiter des polizeilichen Staatsschutzes, Dieter Piete, bestätigte gestern gegenüber der taz, daß an dem Feuergefecht Anhänger der rechtsextremen Organisationen „Großer Idealer Türkischer Kulturverein Berlin“ (BÜD) und des vor rund einem Jahr abgespaltenen TÜB beteiligt waren. Bei dem Kampf spielten laut Piete allerdings nicht nur ideologische Differenzen, sondern auch „Immobilienwerte“ eine Rolle. Nach Einschätzung des Staatsschutzes verfolgt die BÜD (600 Mitglieder) eine islamisch-fundamentalistische Linie. Hingegen müsse der rund 200 Mitglieder starke TÜB – dessen Büro in der Obentrautstraße ist und als Symbol einen heulenden Wolf verwendet – zu den „Grauen Wölfen“, einer weiteren rechtsextremen türkischen Gruppierung, gezählt werden.
Im Zusammenhang mit den polizeilichen Ermittlungen flog unterdessen auch ein illegal betriebener Schießkeller der BÜD in der Hochstraße in Wedding auf. In demselben Gebäude befinde sich auch die Zentrale der Organisation, so Piete zur taz. Der Kampf vom Montag scheint kein Einzelfall gewesen zu sein. Es gebe Hinweise, daß in diesem Jahr mindestens eine Auseinandersetzung stattgefunden habe, meinte Piete weiter. Von zwei Männern, die im Zusammenhang mit der Tat festgenommen wurden, ist mittlerweile einer wieder auf freiem Fuß. Er soll laut Piete bislang „ein wasserdichtes Alibi“ haben. Gegen den anderen Verdächtigen erging hingegen ein Haftbefehl, da er als Schütze wiedererkannt worden sei.
Offenbar nur durch glückliche Umstände ist es am Montag morgen in der Obentrautstraße nicht zu einem Blutbad gekommen. Mehrere Kugeln hätten die Frontscheibe und die Motorhaube eines zufällig vorbeifahrenden PKWs getroffen, schilderte Piete die Situation. Insassen waren ein türkisches Paar und ein Baby. Durch die Gefährdung Unbeteiligter habe die Tat „eine neue Qualität“, so der Staatsschutzleiter. Aus diesem Grund seien „weitere Schritte“ eingeleitet worden.
Ob dazu auch ein mögliches Verbot beider Organisationen zählt, ließ Piete gestern offen. „Dazu will und kann ich mich nicht äußern.“ Auch die Senatsverwaltung für Inneres übte sich in Zurückhaltung. „Die Ermittlungen müssen doch erst einmal abgewartet werden, bevor an irgendwelche Handlungen gedacht wird“, erklärte Norbert Schmidt, Sprecher der Innenverwaltung. Severin Weiland
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