: Schüsse in Brazzaville
■ Waffenruhe in Kongo bricht nach neuem Verfassungsstreit zusammen
Brazzaville (AFP/dpa) – Feuer aus schweren Artilleriewaffen hat gestern ungeachtet der geltenden Waffenstillstandsvereinbarung erneut Brazzaville, die Hauptstadt der Republik Kongo, erschüttert. Nach Angaben von Augenzeugen beschossen Milizen des Ex-Staatschefs und Oppositionsführers Denis Sassou-Nguesso das Parlamentsgebäude von Brazzaville, wo am selben Tag der vergangene Woche gebildete Verfassungsrat vor dem Parlament eingeschworen wurde.
Der Rat soll entscheiden, ob trotz der Anfang Juni ausgebrochenen Kämpfe zwischen Sassou- Nguessos Milizen und den Regierungstruppen des Präsidenten Pascal Lissouba die eigentlich für den 27. Juli angesetzten Präsidenten- und Parlamentswahlen stattfinden sollen oder Lissoubas Amtszeit über ihren regulären Ablauf am 31.August hinaus um drei Monate verlängert wird. Für den letzteren Fall drohte Sassou-Nguesso, der als stärkster Herausforderer des Präsidenten gilt, die Wiederaufnahme des Kampfes an. Sassou- Nguesso streitet dem Verfassungsrat die Kompetenz ab, die Amtszeit des Präsidenten verlängern zu können, und verlangt für den Fall einer Verschiebung der Wahlen die Bildung einer breiten Übergangsregierung, die mit internationaler Überwachung Neuwahlen vorbereiten solle.
Für einen solchen Fall plant die UNO die Bildung einer bis zu 1.800 Mann starken Friedenstruppe. Darüber sollte gestern bei Gesprächen von Frankreichs Präsident Jacques Chirac mit UN-Generalsekretär Kofi Annan beraten werden. Während zunächst von einer rein afrikanischen Friedenstruppe die Rede war, drängt die UNO inzwischen immer mehr auf eine Beteiligung Frankreichs, das seine Soldaten in Brazzaville erst letzte Woche abgezogen hatte. „Angesichts der positiven Rolle, die die französischen Soldaten in den letzten Wochen gespielt haben, wäre ihre Unterstützung während der Übergangszeit höchst wünschenswert“, heißt es im neuesten Bericht Kofi Annans an den UN-Sicherheitsrat.
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