Schüsse am Checkpoint Charlie: Danke für den Hinweis
Am Montag gibt es an der Berliner Friedrichstraße einen Großeinsatz der Polizei: ein Raubüberfall? Das SEK ist vor Ort. Und unsere Reporterin.
Montagnachmittag am Checkpoint Charlie: die Friedrichstraße ist weiträumig abgesperrt, die Polizei im Großeinsatz. Um 15.17 Uhr twittert die Berliner Polizei eine erste Entwarnung: „Nach Befragungen weiterer Zeugen und Begehung des gesamten Hauses in der #Friedrichstraße haben sich die uns gemeldeten Schüsse bisher nicht bestätigt. Auch weitere Hinweise auf eine verdächtige Person liegen nicht vor. Wir gehen der Sache weiter nach.“
Ich weiß, dass es Schüsse gab, ich war dabei und direkt neben mir fiel eine Patrone zu Boden.
Aber der Reihe nach. Um 13.59 Uhr twittert die Berliner Polizei: „Zur Zeit findet ein Einsatz im Bereich der #Friedrichstraße statt. Dort soll ersten Erkenntnissen zufolge ein unbekannter Verdächtiger in einem Geschäft mehrere Schüsse abgegeben haben. Weitere Informationen folgen hier.“
Da sitze ich schon wieder am Schreibtisch, zugegeben etwas mitgenommen. Die Schüsse hatte ich eine gute halbe Stunde zuvor in der Mittagspause selbst aus direkter Nähe mitgehört. Allerdings nicht in dem Café, in dem wohl in der Folge ermittelt wird. Sondern auf der anderen Straßenseite. Unmittelbar nach den Schüssen fiel eine Patrone neben mir auf die Straße, vielleicht auch eine Hülse, wie soll eine absolute Schusswaffen-Laiin das wissen.
Woher sonst die Patrone?
Kinder weinen, im Bäcker sagt ein Mann zu seiner Frau „Das waren Böller“, die Frau schaut ihn entgeistert an. „Nein das waren Schüsse.“ Ich weiß, dass es Schüsse waren, woher sonst die Patrone? Ich vermute eine Schreckschusswaffe.
Aber ich kann viel vermuten, einem Kollegen – auch in der Mittagspause – zeige ich das Patronen-Hülsen-Ding. Er ist genauso ratlos.
Ich gehe zu den Polizist:innen, die sich schon auf der anderen Straßenseite versammelt haben. Eine Beamtin befragt mehrere Passant:innen, niemand hat etwas Genaues gesehen. Ich spreche sie mehrfach an, sage ihr, dass eine Patrone oder Hülse im direkten Zusammenhang mit den Schüssen neben mir auf die Straße gefallen ist, ob ich ihr oder irgendjemandem zeigen soll, wo sie liegt. Sie schickt mich weiter.
Zurück in der Redaktion ist der Vorfall Gesprächsthema Nummer eins. Die Polizei hat die Kreuzung weiträumig abgesperrt, die U-Bahn hält nicht mehr am Checkpoint Charlie, der Bus wird umgeleitet, das SEK ist vor Ort. Die anderen lokalen Medien berichten über einen mutmaßlich bewaffneten Überfall mit flüchtigem Unbekannten und dass Menschen in den angrenzenden Geschäften festsäßen.
Nun rufe ich doch noch einmal bei der Polizei an, schildere nochmals meine Beobachtung. Kurze Zeit später findet die Polizei die Patrone, auch das wird getwittert, vermutlich eine Schreckschusswaffe, abgefeuert aus einem der umliegenden Häuser. Woher die Gerüchte mit dem bewaffneten Überfall kamen, bleibt unklar.
Der Beamte, mit dem ich telefoniert habe, ruft noch einmal an und bedankt sich. „Es ist nicht optimal gelaufen“, sagt er.
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