■ Schülerraus(ch): Kids nach Balkonien
Als sich ein Berliner Stadtrat nach einer durchzechten Nacht daran erinnerte, dieses Gefühl absoluter Übelkeit erstmals auf einer Klassenfahrt verspürt zu haben, stand sein Entschluß fest: nur noch moralisch gefestigte Schüler dürfen in den Genuß derartiger Gemeinschaftsurlaube kommen. Diejenigen, die sich den Konsum berauschender Getränke sowieso nicht leisten können, sollten auch nicht mehr das Übungsterrain Klassenfahrt dazu erhalten. Die traditionellen Wandertouren im Grünen sind deshalb im kommenden Jahr durch Schul-Hofgänge zu ersetzen. Nur noch Eleven, die durch ein oder zwei Urlaube im Jahr schon an einen mehrtägigen Auswärtsaufenthalt gewöhnt sind, werden ihre Zehlendorfer Villen noch für eine Klassenfahrt verlassen können. Kinder aus sozial schwachen Familien hingegen lernen die Brandenburger Fichten nur noch durch das Kreischen der Holzkreissägen im Innenhof eines Mietshauses kennen. Der Grund: Die Zuschüsse für Schülerfahrten sind auf 40 Prozent der Gesamtkosten zurückgeschraubt. Damit erhalten die Kids nicht mehr als 160 Mark für die oft einzige Möglichkeit, die vier Wände zu verlassen. Berappen müssen sie jedoch rund 245 Mark für die einwöchige Unterkunft zum Halbpension-Tarif in einer Jugendherberge – allenfalls die Fahrtkosten sind mit den Zuschüssen noch finanzierbar. Für die Dreikäsehochs aus der Kreuzberger Betonwüste heißt Entspannen in diesem Jahr also, Asthma-Allergien im Abgasdunst auf Bad Balkonien auszukurieren. tini
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