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Schub für die EnergiewendeViel Wind um den Wind

Niedersachsens Landesregierung hat einen neuen Windenergieerlass auf den Weg gebracht. Einigen geht er zu weit, anderen nicht weit genug.

Hat aus Sicht mancher Umweltschützer im Wald nichts zu suchen: Windkraftanlage Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Osnabrück taz | Manchmal ist Klimaschutz unübersehbar: Windkraftanlagen, manche so hoch wie 70 Stockwerke, prägen unsere Landschaft. Bei tiefstehender Sonne fällt ihr Schatten fast eineinhalb Kilometer weit, ihre Positionslichter leuchten wie rote Augen in der Nacht. Rund 6.350 Anlagen sind in Niedersachsen erfasst, mit rund 11,4 Gigawatt (GW) Leistung.

Und um die Energiewende zu erreichen, sollen nach Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Olaf Lies (SPD) bald weitere dazu kommen. Nachdem die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) der Bundesregierung 2017 den Ökostromausbau unter SPD-Beteiligung hart ausgebremst hatte, schlägt Niedersachsen, Deutschlands Windland Nummer 1, nun neue Pflöcke ein.

Der jüngst im Hannoveraner Kabinett beschlossene Windenergieerlass „Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen an Land in Niedersachsen“ soll den Ausbau wieder „in Schwung bringen“. So verspricht es die Staatskanzlei. Der Bund habe „zu viele Stolpersteine nicht aus dem Weg geräumt“, sagt Lies. „Wir müssen schneller beim Ausbau der Windenergie werden, um die Klimaziele zu erreichen.“ Der Erlass garantiere die dafür notwendige Rechts- und Planungssicherheit.

20 GW Windenergie an Land sollen es bis 2030 werden. Dann sollen 2,1 Prozent der Landesfläche für den Ausbau der Windenergie zur Verfügung stehen – für bis zu 30 GW. Spätestens bis 2040 will Niedersachsen den Energiebedarf komplett aus erneuerbaren Energien decken.

Konfliktthema Wald

Die Grünen im Landtag stellen den Erlass in Frage. Er sei „zwar kein Rückschritt“, sagt ihre energiepolitische Sprecherin Imke Byl der taz, „aber die Verbesserungen sind marginal“. Ihre Hauptkritik: „Es fehlen verpflichtende Flächenziele für die Landkreise.“ Die 2,1 Prozent seien nur eine Empfehlung. Wer sie nicht umsetzen wolle, der macht es eben nicht. Außerdem sei 2030 viel zu spät, so Byl: „Wir brauchen das sofort!“

Ein Konfliktthema des Erlasses ist die „behutsame Öffnung des Waldes“, wie Lies es ausdrückt, als Standort für Windenergieanlagen. Behutsam? Matthias Eichler, Sprecher des Umweltministeriums, erklärt, was das zulässt: „Forststandorte grundsätzlich einzubeziehen“, wobei „besonders wertvolle Waldflächen außen vor bleiben“, was immer das heißt. Im Landesraumordnungsprogramm, das derzeit überarbeitet wird, wird Wald jedenfalls als „Potenzialfläche“ betrachtet, auch wenn im Offenland noch Flächen zur Verfügung stehen.

Heikel sei das, sagt Byl. „Es kommt ja immer drauf an, was für ein Wald das ist. Wenn das ein ökologisch wertvoller Bestand wäre, wäre das problematisch. Eine Forstplantage ist da was anderes.“ Byl will den Wald unangetastet lassen, solange noch Offenland zur Verfügung steht.

Manche befürchten, dass der neue Windenergieerlass es Bürgerinitiativen schwerer machen könnte, gegen Windkraftanlagen zu opponieren. Byl glaubt das nicht. „Außerdem hat die Windenergie ja im Grunde gar keine Akzeptanzprobleme. Selbst bei unmittelbaren Anwohnern solcher Anlagen nicht.“ Matthias Elsner, Vorsitzender des Anti-Windkraft-Netzwerks „Vernunftkraft Niedersachsen“, sieht das anders und kündigt weiteren Protest an.

Er sagt, im Spannungsfeld zwischen Artenschutz, Biodiversität, Wirtschaft und Energieversorgung habe sich die Landesregierung „völlig einseitig und undifferenziert dem Ausbau der Windkraft verschrieben und dient somit vorwiegend den Interessen der Windindustrie“. „Vernunftkraft“-Eingaben zum Erlass seien nebst juristischer Expertise und europäischer Vorgaben zum Artenschutz „schlicht ignoriert“ worden.

Es ist nichtmal ganz klar, was diese behutsame Öffnung des Waldes bedeutet

Auf die Initiative „Vernunftkraft“, auf Bundesebene geführt von Nikolai Ziegler, reagiert Byl allergisch. Oft gebe sich Widerstand nur den Anschein einer Bürgerinitiative, mache in Wirklichkeit aber Lobbyismus pro Fossilenergie. Sprechend sei ja auch, dass Ziegler im Bundeswirtschaftsministerium arbeite. „Das tut alles, um uns abhängig von den fossilen Brennstoffen zu halten.“

Auch Holger Buschmann, Nabu-Landesvorsitzender aus Niedersachsen, sieht den Erlass mit Ernüchterung. Gerade was das Thema Wald angehe, weiche er von dem, ab, was im Beteiligungsprozess besprochen wurde. „Da wird jetzt viel mehr freigegeben als vereinbart. Außerdem bleibt all das sehr vage und ist nicht sauber definiert.“

In Wäldern in Autobahndreiecken könnte Buschmann sich Windkraftanlagen vorstellen, in Bergbaufolgelandschaften, auf Deponien, an Gewerbegebieten. Aber einfach mitten in einen Wald stellen, mit großen Rodungen, breiten Zuwegungen? Selbst im Kalamitätswald, geschädigt durch Trockenheit, sei das nicht Sinn der Sache. Da soll sich ja wieder Holz entwickeln, auch als CO2-Speicher.

Auf Minister Lies ist Buschmann nicht gut zu sprechen. „Er hat uns ja vorgeworfen, der Hauptbremser des Windanlagenbaus zu sein, durch unsere Artenschutzklagen. Das ist natürlich falsch: Geklagt haben wir bei weniger als 1 Prozent der neuen Anlagen.“ Und alle Klagen waren ein Sieg.

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1 Kommentar

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Wir benötigen in Zukunft 6 bis 10 x so viel Energie. Vor allem auch wegen der Elektroautos, die ja der große Heilsbringer sind.



    Woher soll der Strom kommen (außer aus der Steckdose)????????

    Geothermie ist ein Teil der Lösung. Leider hat sich diese Form der Energiegewinnung noch nicht überall, wo es möglich ist, durchgesetzt.



    Man unterscheidet zwischen flacher und tiefer Geothermie.



    Immer mehr Gemeinden rüsten hier um - Siehe www.geothermie.de

    Momentan sind Tiefbohrungen teuer. Auch besteht ein gewisses Risiko von kleineren Erdbeben. Das ist aber in den Griff zu bekommen, wie schon an vielen Orten bewiesen. Es sei denn, Greenpeace startet wieder eine Kampagne, warum auch immer. Mitläufer und Querdenker gibt`s ja genug.

    "Die Tiefengeothermie wird deshalb eindeutig zu den regenerativen Energieformen gezählt.



    Die nutzbare Energiemenge einer Tiefen Erdwärmesonde hängt in erster Linie von der Temperatur des Untergrundes ab, besonders lukrativ sind daher positive Temperaturanomalien. Ein weiterer wichtiger Parameter sind die thermischen Eigenschaften des Untergrundes, insbesondere die Wärmeleitfähigkeit.(LBGR, Brandenburg)"

    Vor allem der Oberrheingraben und das Alpenvorland sind für tiefe Geothermie bestens geeignet.

    Energiegewinnung hängt unmittelbar mit den Emissionen von CO2 in die Atmosphäre zusammen. Deshalb wäre die seit langem erprobte unterirdische und sichere Speicherung von CO2 überfällig. Natürlich nicht mit Greenpeace, die wissen ja alles besser.

    Geothermie + CCS + Wind + Solar - so geht`s!