: Schrottkunst heimlich verschrottet
■ Kreuzberger Behörden zerstörten zwei Altmetall-Kunstwerke auf der Eisenbahnbrücke im Görlitzer Park
Kreuzberg. Die Metallskulpturen „Käferman“ und „Silverbird“ auf der Eisenbahnbrücke im Görlitzer Park sind am vergangenen Mittwoch auf Weisung von Baustadträtin Eichstädt -Bohlig und Senatsstellen abgerissen und verschrottet worden. Entgegen Absprachen mit den MacherInnen der Kunstwerke, die „Käferman“ und „Silverbird“ für einen anderen Standplatz im Park erhalten wollten, wurden die Skulpturen so wieder zu dem, was sie einmal waren: Altmetall. Die Reste lagern jetzt auf einem Schrottplatz in Spandau.
Eigentlich sollten die beiden Skulpturen, die Überreste von Ost-West-Aktionen der englischen Müllkunst-Gruppe „Mutoid Waste Company“ vom Spätsommer letzten Jahres, im Görlitzer Park verbleiben. Darauf hatten sich an den Kunstwerken beteiligte Westberliner KünstlerInnen, der Verein SO 36 als Unterstützerin sowie das Gartenbauamt Kreuzberg und eine Kommission für Kunstwettbewerbe im Görlitzer Park bereits im November 1989 geeinigt. Die bis zu zehn Meter hohen Skulpturen, eine Art „trojanisches Pferd“, hergestellt aus VW-Käfer-Teilen und ein kleinerer „Friedensvogel“ waren auf fahrbaren Lafetten montiert. Sie sollten von der zu restaurierenden Brücke auf das Parkgelände zurückgeschoben werden. Ein fester Zeitpunkt dafür war aber nicht festgelegt worden.
Doch als Ende Mai ein Kind beim Spielen auf der nicht ausreichend gesicherten Brücke verunglückte und im Rettungshubschrauber ins Krankenhaus transportiert werden mußte, sahen die Bauleiterin des Parks, Baustadträtin Eichstädt, und die Senatsbehörden Handlungsbedarf. Um die Attraktivität der Eisenbahnbrücke für spielende Kids zu mindern, beschlossen sie den Abriß der Skulpturen - ohne die KünstlerInnen zu informieren, wohl weil Widerstands- und Verhinderungsaktionen befürchtet wurden.
Der an den Skulpturen beteiligte Westberliner Künstler Rainer Warzechwa bezeichnete die Verschrottung der Skulpturen durch die rot-grünen Behörden gestern gegenüber der taz als „hilflose Nacht-und-Nebel-Aktion“. Er meinte, daß die Stadt „das Geschenk“ nicht zu schätzen wisse: „Was in der Anschaffung nicht sechsstellig zu Buche schlägt, kann hierzulande wohl keine Kultur sein.“
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