CIRCUS HOSTEL : Schritt im Griff
Dieses Mal bin ich im Circus Hostel gelandet. Mein Zimmer teile ich mit einer Mexikanerin, einem Australier, zwei Japanern, einem Neuseeländer und zwei weiteren Personen unbekannter Herkunft. Wir sind zu acht.
Von den beiden Japanern ist fast nichts zu sehen. Sobald sie das Zimmer betreten, verkriechen sie sich unter der Bettdecke, und nur noch ihr Haarschopf lugt heraus. Sie wirken wie auf einer anstrengenden Mission. Die Mexikanerin und der Australier dagegen unterhalten sich lautstark über mein Bett hinweg. Ich packe ungerührt meinen Rucksack aus und baue die Sachen so auf, dass sie fast nach Privatsphäre aussehen.
Dann sollte Schlafenszeit sein. Nachts aber ist es unglaublich laut. Leute kommen von nächtlichen Aktivitäten zurück und machen den Flur zur Partymeile. Das ist jedoch nichts im Vergleich zum Schnarchproblem, das in unserem Zimmer herrscht. Dass Männer häufig schnarchen, hätte ich bedenken sollen, als ich an der Rezeption sagte, ein gemischtes Zimmer mache mir nichts aus. Die Mexikanerin zieht wütend an meiner Bettdecke, weil sie denkt, ich sei die Übeltäterin. Sie entschuldigt sich wortreich, als ich mich aufsetze und sie zu erkennen meint, dass so viel Dezibel nicht von einer Frau stammen können.
Wir schalten das Licht an. Obwohl die Männer einen Chor bilden, ist der Neuseeländer zweifelsohne der Lauteste. Er liegt nur mit Unterhose bekleidet im Bett, ist vollkommen aufgedeckt, hat eine Hand in seinem Hosenbund stecken und umklammert sich dort mit einer Verzweiflung, mit der andere Leute das Geländer einer Hängebrücke über einer tiefen Schlucht umfassen.
Er wirkt dabei so verloren, dass die Mexikanerin und ich uns einen mitfühlenden Blick zuwerfen. Wahrscheinlich ist er schon lange auf Reisen. Wir lassen ihn weiterschnarchen.
SANDRA NIERMEYER