: Schrecklich gelbe Familie
■ betr.: „Äußerst lehrreiche Car toons“, taz vom 24.10. 97
Kompliment! Stefan Kuzmanys Artikel zeigt, von welch großem Vorteil es sein kann, wenn ein Journalist im Nebenberuf auch noch Fan ist: Anstatt mit Quoten, Merchandising-Bilanzen und Expertenmeinungen herumzufuchteln, gelingt es ihm anhand einiger ausgesuchter Lieblingsanekdoten aus einzelnen Episoden mühelos zu zeigen, warum „Die Simpsons“ soviel mehr als „nur eine Zeichentrickserie“ sind.
Doch trotz schon länger andauernder Missionierung – es ist zum Beispiel verbürgt, daß schon vor fünf Jahren einzelne (amerikanische) Lehrer an der Berlitz-School „Die Simpsons“ als Anschauungsmaterial im Fach „Amerikanische Kultur“ verwendeten – hat es dennoch einige Zeit länger gedauert, bis die Deutschen diese schrecklich gelbe Familie wirklich lieben gelernt haben. Ein möglicher Grund dafür: Hierzulande gilt Zeichentrickfilm immer noch als „Kinderkram“, während in den Staaten schon in den 60er Jahren die „Flintstones“ zur Prime time in die Wohnzimmer kamen und heute im Gefolge der „Simpsons“ auch andere Serien wie „King of the Hill“ oder „Dr. Katz“ im Hauptabend – schärfere Kaliber wie „Beavis & Butthead“ und „Spawn“ sogar im Spätabendprogramm laufen. Mit der Ausstrahlung am Spätnachmittag im Sitcom-Umfeld hat ProSieben auch ein Zeichen gesetzt, wo „Die Simpsons“ hingehören: ins Familienprogramm; und ab November stellt ProSieben ihnen zwei weitere Animationsserien zur Seite, die beileibe nicht nur „was Buntes für die Kleinen“ sind, „Loggerheads“ und „Ein Heim für Aliens“. (Bemerkenswerterweise stand die von Kuzmany erwähnte, manchmal unzumutbare Härte bei der Erstausstrahlung der Serie im Free TV 1993 im ZDF um 14.30 Uhr übrigens nie zur Diskussion. Offensichtlich muß das Fernsehpublikum der Privaten doch sehr viel stärker behütet werden als das der Öffentlich-Rechtlichen...) [...] Martin Leckleder, ProSieben
Television, Programm-Anima-
tion, Redakteur und Fan
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