: Schoß Fußgänger in Notwehr?
Berlin (taz) — Das Marburger Landgericht wird einen tödlichen Streit zwischen einem Fußgänger und einem Autofahrer erneut aufrollen müssen. Das Gericht hatte im Februar dieses Jahres den Marburger Zivilsdienstleistenden Tilman F. zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe wegen Totschlags an einem ihn verfolgenden Autofahrer verurteilt (die taz berichtete). Der junge Mann hatte sich über ein Auto geärgert, das ihm auf dem Gehweg entgegengekommen war, und trat leicht gegen den Kotflügel des Wagen. Als der Fahrer des Autos daraufhin mehrere hundert Meter hinter ihm herrannte und ihn packen wollte, hatte der Zivildienstleistende überraschend eine Pistole gezogen und seinen Verfolger erschossen. Im Revisionsverfahren hat der BGH jetzt jedoch das Urteil gegen den Verurteilten in vollem Umfang aufgehoben. Das Marburger Landgericht, so urteilten die BGH-Richter mit bemerkenswerter Klarheit, hätten nicht ausreichend geprüft, ob der Todesschütze Tilmann F. nicht in Notwehr gegenüber seinem Verfolger gehandelt habe. Mit Wahrscheinlichkeit sei bei einer erneuten Verhandlung eine Verurteilung wegen Totschlags nicht zu erwarten, urteilten die Bundesrichter und setzten Tilmann F., der sich seit der Tat in U-Haft befand, auf freien Fuß. Eine andere Schwurgerichtskammer des Marburger Gerichts muß jetzt unter den Vorgaben des BGH erneut verhandeln.
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