■ Schöner leben: Die Muttertube
Früher unterschied unseresgleichen sinnreich und listig zwischen Waschen und Eincremen, zwischen Duschbädern, Haarspülungen und vielerlei Emulsionen, und es hatte lange Jahrhunderte gedauert, bis derart endlich die Zeit des Müffelns und der Stinkigkeit überwunden war. Was aber vollzieht sich plötzlich vor unseren Augen? Es vollzieht sich der Siegeszug der Panscher und Alchimisten, es stehen bald nur mehr diese Two-in-One-Produkte in den Regalen, und enden wird es, das ist klar, in weitgehender Idiotie.
Mal ehrlich: Was findet ihr an all dem Zeug? Warum kauft ihr's wie längst nicht mehr gescheit? Ich sag–s euch: Es ist die schiere Regression mitten in die Kindischkeit: Schon lebt alle Welt in dem süßen Wahn einer unio mystica von Auswaschen und Einfetten, von Shampoo, Bodylotion, Deospray und Entkalker in einem. Und am Ende ist es wie immer zu spät, und all die zahllosen kulturbeutelkulturellen Errungenschaften sind verloren, denn am Ende kommt unvermeidlich das eine Wundermittel für alles: die Zahnpasta für Hair & Body zugleich, Lichtschutzfaktor 12 und spülmaschinenfest. So will es offenbar der Mensch und Kindskopf, so ersehnt er's unbeugsam aus tiefstem Säuglingsurgrund: daß nämlich alles, alles aus einer Muttertube quelle. Manfred Dworschak
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