■ Schöner leben: Freimarktkater
Ischa Freimaak – eine fünfte Bremer Jahreszeit, die sogar Bierzeltromantik-ablehnende taz-RedakteurInnen einmal im Jahr anlockt. Der traditionelle Ausflug nach Redaktionsschluß steht an. Selbst das Wetter spielt mit, einer der wenigen trockenen Abende lockt in die Karussells. Und dann der große Schock! Der erste! Die große Achterbahn hat keinen Looping. Wo gibt's denn sowas. Eine Achterbahn, eine richtig große dazu, und kein Überschlag. Verzeichnen wir's unter der Rubrik Geisterbahn.
Viel größer wird der Schreck dann aber, wenn man die müden Glieder nach der aufregenden Riesenradfahrt im Bayernzelt wieder auf Trab bringen will. Rund um die Tische – nett in blauweiß eingedeckt – stehen Stühle! Klappstühle! Aus Holzlamellen! Zynisch und menschenverachtend – jawoll!
Keine zehn Minuten vergehen, und es passiert, was passieren muß. Der Leadsänger der mittelschlechten Zeltband fordert zum Mitklatschen und -tanzen auf. Ein junges Mädel klettert auf ihren Stuhl – und fällt voll auf die Schnauze. Der total bierzeltungeeignete Stuhl ist schlicht und ergreifend zusammengeklappt. Das ist schließlich auch seine ureigenste Bestimmung. Dem Sitzmöbel kann und darf man also keinen Vorwurf machen. Genauso wenig wie dem jungen Mädel. Immer wieder klappen Stühle zusammen wie Marianne Rosenberg. BierkrügeschlepperInnen leisten ganze Erste Hilfe. Tische werden abgedeckt, um dortdrauf besser abhotten zu können. Die Stimmung unter den BierzelttänzerInnen droht zu kippen. Wer ist also Schuld?
Ganz klar – die InnenarchitektInnen des Bayernzeltes. Wie kann man ein Bierzelt mit Stühlen vollstellen. In einen solchen Vergnügungspalast gehören Bänke. Da weiß man wenigstens, daß die Dinger kippelig, aber nicht zusammenklappgefährdet sind. Zumal sich bankbestückte Tische viel enger und damit viel volksfesttauglicher zusammenrücken lassen. Hoffen wir also, daß die BayernzeltmacherInnen 1999 ein Einsehen haben und wieder der guten alten Bierzeltbank gedenken. Oans, zwoa, gsuffa! Jeti
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