: Schöner Wohnen made in Bonn
■ Bundesregierung stellt Wohnungsbauprogramm vor / Bonbons für die Hausbesitzer - Trostpflaster für Mieter / 20.000 StudentInnen dürfen sich freuen: Irgendwann wird ein Wohnheimplatz für sie fertig sein / Bauarbeiter aus Osteuropa sollen für Aussiedler bauen
Bonn (ap/dpa/taz) - Bundesbauministerin Hasselfeldt hat gestern ein von der Regierungskoalition beschlossenes Milliardenprogramm zur Eindämmung der Wohnungsnot vorgestellt. Eine Koalitionsrunde bei Bundeskanzler Helmut Kohl hatte sich am Dienstag darauf geeinigt, in den nächsten vier Jahren insgesamt acht Milliarden Mark für den Bau von rund 400.000 Sozialwohnungen bereitzustellen. Die Länder sollen einen Beitrag in gleicher Höhe leisten. Bisher war in der Finanzplanung des Bundes für diesen Zeitraum ein Betrag von nur 4,5 Milliarden Mark vorgesehen.
Für StudentInnen sollen im kommenden Jahr 20.000 neue Wohnheimplätze gebaut werden. Der Bund will dafür 300 Millionen Mark bereitstellen und erwartet von den Ländern die gleiche Summe. Zusätzlich sollen die Träger der Wohnheime, meist die Studentenwerke, noch 400 Millionen beisteuern. Ob dieser Teil des Wohnungsprogramms 1991 fortgeführt wird, will die Regierung entscheiden, wenn der Bedarf „überschaubar“ ist.
Das Maßnahmenpaket will ferner diejenigen Bauherren mit einer Sonderabschreibung belohnen, die ihre Wohnungen auf zehn Jahre zu festgelegten Mieten an sozial Bedürftige vermieten. Mit einem Aufwand von 500 Millionen Mark sollen damit bis zu 80.000 Wohnungsneubauten angeregt werden. Ferner soll der Abschluß von Zeitmietverträgen für Ferienwohnungen erleichtert sowie die zeitlich befristete Vermietung ungenutzten Wohnraums unter Einschaltung der Kommunen ermöglicht werden. Auch soll geprüft werden, ob öffentliche Bauvorhaben zurückgestellt werden können, um Kapazitäten in der Bauindustrie freizumachen.
Dem Personalengpaß im Baugewerbe will die Koalition durch einen Stufenplan begegnen. Zunächst soll eine Mobilisierungskampagne unter Arbeitslosen aus Bauberufen anlaufen, dann soll Aus- und Übersiedlern die Arbeit auf dem Bau schmackhaft gemacht werden. Erst wenn das nichts fruchtet, sollen die „Arbeitnehmerkontingente aus den Staaten Osteuropas erhöht werden“. Für kommenden Montag hat Baden-Württembergs Ministerpäsident Späth die Bauwirtschaft und die Kommunen zu einem Gespräch über die „schnelle Umsetzung“ des Bauprogramms eingeladen.
Die SPD kritisierte die Beschlüsse als enttäuschend. Ihr Bauexperte Franz Müntefering erklärte, für 100.000 echte Sozialwohnungen, die dauerhaft bezahlbar bleiben müßten, seien pro Jahr etwa zehn Milliarden Mark an öffentlichen Darlehen erforderlich. Der Deutsche Mieterbund kritisierte die Beschlüsse als „enttäuschend und völlig unzureichend“, um das Defizit von derzeit rund 800.000 Wohnungen zu decken. Die Verbände der Bauunternehmer begrüßten dagegen das Programm.
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