Schöner Müll Sie macht aus Nichts etwas, weil Nichts etwas ist: Esst mehr Tomatenmark
Die deutsche Sprache hat für alles ein präzises Wort. „Wegwerfgesellschaft“ zum Beispiel. Oberflächlich gesehen geht es ums Wegwerfen von Dingen. Wer genauer hinguckt, sieht, dass das Wort zurückbezogen werden kann auf die Gesellschaft. Eine Wegwerfgesellschaft ist eine wertlose Gesellschaft. Nichts, nicht mal die Gesellschaft, hat noch Wert. Wer will in so einer Welt leben? Kirsten Flick jedenfalls nicht.
Die Altenpflegerin wohnt in Berlin-Reinickendorf in einer Ecke, in der es sehr laut ist. Vorne führt die vierspurige Straße vorbei, hinten die überirdisch fahrende U-Bahn, und über ihr sind die startenden oder landenden Flugzeuge des Flughafens Tegel. Wer hier freiwillig wohnt, ist nicht wohlhabend.
Das Alte neu sehen
Kirsten Flick liebt es, aus nichts etwas zu machen, weil Nichts etwas ist. Dieses Schränkchen etwa, das auf dem Foto abgebildet ist und in ihrer Küche steht. Bevor es in ihrer Küche stand, stand es im Keller ihrer Mutter. Und bevor es im Keller ihrer Mutter stand, stand es im Kinderzimmer von Kirsten Flick.
Natürlich übersteht so ein Schränkchen die Zeit nicht unbeschadet. An Flicks Kinderzimmerkommode fehlten die Griffe. Heimlich hat Rumpelstilzchen oder vielleicht ein anderer Dieb im Keller das Stehlen geübt. „Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich der Königin ihr Kind.“
Wie Flick darauf gekommen ist, die fehlenden Griffe durch leere Tomatenmarkdöschen zu ersetzen und sie an die Schubladen zu schrauben, weiß sie nicht mehr. Ideen kommen und gehen.
Die Umsetzung jedenfalls ist so denkbar einfach, dass es noch nicht einmal einer Anleitung bedarf.
Als ihre Schwester Kirsten Flick auch noch ein ausrangiertes Brett von deren ausrangierter Einbauküche geschenkt hat, da war Flicks Küchenmöblierung dann perfekt. Waltraud Schwab
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