■ Schöner Leben: Unhold: die Waidmaid
Schöner Leben
Unhold: die Waidmaid
Mädels, frohlocket, wir sind doch schon emanzipiert! Und quasi nebenher! Denn längst jagen wir draußen windige Wirklichkeiten, während drinnen die Männer Briefmarken, Ruhe und Rezepte sammeln. Oder hat jemand irgendwo einen Mann gesehen, der einen Weihnachtsbaum gejagt und in den dritten Stock geschleppt hat? Eben. Kein Mann, nirgends. Und sah irgendjemand irgendwo auch nur einen potentiellen Bärentöter mit Baumschulknechten über unchristliche Preise verhandeln? Nein! Nur Ladies in der Schonung!
Vorbei die Zeit, da im Forst, den Förster im Nacken, der fröstelnde Vater verbotene Bäume fällte und garstige Zweige hieb. Vorbei die Zeit, da die Tochter bloß Schmiere stand! Heute hievt sie feinsinnig die Schwerlasttanne in den Ständer, berechnet die Kerzenlogistik, schraubt mit der Damenschraube fliehende Engel fest und wirft punktgenau mit Lametta. Derweil drängen Mann und Maus auf Bescherung, kucken seit Tagen „Wir warten aufs Christkind“ und sortieren in der Pinkelpause Wein von Bier. Aber Obacht, Waidfrau, berechne auch die Länge der Rührung, die ein sensibler Sammler verträgt. Wie schnell ist eine Kerze zuviel am Baum!
Tja, Mädels, so weit sind wir endlich gekommen! Es war ein langer, mühsamer Weg. Aber nun, da wir nicht nur in Heim, Herd und Feld, sondern auch in Wald, Wiese und Welt ansässig sind, könnten wir doch mal wieder ein bißchen mehr auf unser Äußeres achten. Claudia Kohlhase
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