Schönefeld: Flughafenasyl wird Asylbewerberheim
Der Abschiebeknast am BER dient nun als Außenstelle für das überfüllte Erstaufnahmelager für Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt.
Das rot-rot regierte Brandenburg scheint das umstrittene Flughafenasylverfahren durch die Hintertür abzuschaffen. Seit Mitte September erfüllt das dafür vorgesehene Gebäude auf dem Gelände des Flughafens Schönefeld einen anderen Zweck: Es wurde zur Außenstelle für die Zentrale Erstaufnahmestelle für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt umfunktioniert. Das bestätigte Ingo Decker, Sprecher von Brandenburgs Innenminister Ralf Holzschuher (SPD), der taz.
Dreißig Flüchtlinge, überwiegend Tschetschenen, die auf dem Landweg eingereist sind, haben in dem von Stacheldraht umgebenen Gebäude ein provisorisches Zuhause gefunden. „Die Türen sind auf. Die Bewohner dürfen jederzeit ein- und ausgehen“, sagt Decker.
„Wir haben uns für diese temporäre Nutzung entschieden, weil das Gebäude fast immer leer steht und auf der anderen Seite die Erstaufnahmestelle für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt überfüllt ist“, sagt Decker.
Die Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt ist nur für 500 Personen ausgelegt. Derzeit ist sie mit 700 Bewohnern aber völlig überfüllt. Es wurden provisorische Wohncontainer aufgestellt und eine Turnhalle, die eigentlich der Freizeitgestaltung der Flüchtlinge dienen sollte, mit Betten belegt. Beides erlaubt kein menschenwürdiges Wohnen.
Die Enge führe dem Innenministerium zufolge zu Spannungen unter den Bewohnern. Decker: „Da nehmen wir jede Alternative, die wir bekommen können.“
Das Flughafenasylgebäude in Schönefeld ähnelt von der Einrichtung her einer Jugendherberge, hat auch einen Spielplatz und ein Gebetszimmer. Der Schönheitsfehler: Es ist von einem Stacheldrahtzaun umgeben.
In dem einen Jahr, seit dem das Gebäude in Schönefeld fertiggestellt ist, wurden darin lediglich neun Menschen für kurze Zeit festgehalten, die nach ihrer Einreise in Schönefeld Asyl beantragen wollten. In allen neun Fällen stellte sich jedoch heraus, dass die Asylbegehren der Menschen aus Syrien, dem Iran, der Türkei und Tunesien berechtigt waren. Somit wurde kein einziger nach einem Schnellverfahren wieder zurück in sein Herkunftsland geschickt. Das wäre der eigentliche Zweck des Flughafenasylverfahrens. Die letzten Insassen gab es laut Innenministerium im Juni.
Nur noch ein einziger Raum soll in dem Gebäude am Flughafen für das Flughafenasylverfahren freigehalten werden. Juristisch hat das allerdings einen Haken: Ein verkürztes Flughafenasylverfahren, in dem die Flüchtlinge weniger Rechtsmittel haben als in einem regulären Verfahren, setzt nämlich voraus, dass der Betroffene juristisch als noch nicht nach Deutschland eingereist gilt. Andernfalls hätte jeder einen Anspruch auf ein reguläres Asylverfahren.
Das Gebäude wird damit zum exterritorialen Raum erklärt. Wenn dasselbe Gebäude allerdings gleichzeitig einem inländischen Zweck dient, kann das Flughafenasylverfahren vor Gericht scheitern. Das sieht zumindest Bernd Mesovic von pro Asyl so. „Wenn dort Leute wohnen und die Tür offen steht, kann man nicht gleichzeitig von einem exterritorialen Raum sprechen. Einen einzigen Raum eines deutschen Gebäudes hingegen als nicht zu Deutschland gehörig zu erklären, ist noch provinzieller als alle anderen bisherigen Possen um den BER.“
Ingo Decker, der Sprecher des Innenministeriums, sieht das pragmatisch: „Das Verfahren ist so mit der Bundespolizei und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgesprochen. Für das Flughafenasylverfahren gibt es derzeit in Schönefeld keinen Bedarf. Wir lassen doch nicht eine Einrichtung, die wir haben und die gut ist, leer stehen.“
Für das in der Regel leere Gemäuer muss Brandenburg monatlich 15.500 Euro Miete sowie gut 3.000 Euro Personal- und Betriebskosten zahlen. Zudem fielen bisher nach Angaben der Landesregierung insgesamt 31.500 Euro für Einrichtungsgegenstände an.
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