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Schöne Utopie

■ betr.: „Instandbesetzung der Bun deswehr“, taz vom 2.1. 98

Ralf Fücks plädiert dafür, die Armee Bundeswehr von innen zu unterwandern und sie auf diese Weise demokratisch zu machen. Die Vorstellung, dies sei möglich, ist mindestens so utopisch wie das Ziel, alle Armeen abzuschaffen, darüber hinaus aber auch naiv und gefährlich. Zur Erinnerung: Es gab in der DDR auch mal Menschen, die wollten die SED verändern und sind daher in sie eingetreten.

Jede Armee beruht auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam, jede Armee braucht ein Feindbild, jede Armee prägt ein reaktionäres Menschenbild. Auch die Bundeswehr besoldet Hunderttausende rechtsorientierter Menschen, die gerade auf eine „Instandbesetzung“ durch Ralf Fücks und seinesgleichen warten. Sein Vorschlag ist gefährlich: Er wird hämischen Beifall von der falschen Seite erhalten. Ein paar Vorzeigelinke in der Bundeswehr täuschen Toleranz vor und lenken von dem weitverbreiteten Rechtsextremismus in der Truppe ab. [...] K.D.Meyer, Berlin

Schade, daß es immer noch (Ex-?)Linke gibt, die am Irrglauben festhalten, es müßten nur genügend fortschrittlich und demokratisch gesinnte junge Menschen in die Bundeswehr gehen und dann sei diese Institution gesellschaftlich zu kontrollieren bzw. gar zu einem Instrument der gesellschaftlichen Veränderung zu machen.

Woher kommt es denn, wenn die Bundeswehr zum „Sammelbecken für autoritäre Charaktere und ultrarechte Spinner“ wird? In einem Punkt ist Volker Rühe ausnahmsweise zuzustimmen: Die Bundeswehr erzeugt nicht den Rechtsextremismus – das tut die Gesellschaft. Sie zieht die Rechten jedoch an, wie dies jede Armee weltweit tut, weil es ein hohes Maß an inhaltlicher Übereinstimmung zwischen soldatischen „Werten“ und rechter Ideologie gibt. Hierarchie, Gehorsam, Kameradschaft, Männlichkeit, Härte und die Abgrenzung gegen einen als minderwertig angesehenen Feind, die Bereitschaft für ein als höher empfundenes Ziel zu töten und zu sterben – all dies sind Übereinstimmungen in der Wertestruktur, die jegliche Armee zum Anziehungspunkt für autoritär gesinnte und damit für rechte Ideologie empfängliche Jugendliche macht. Ein demokratisches Militär ist ein Widerspruch in sich selbst [...].

Vor diesem Hintergrund von jungen Menschen zu erwarten, eine Zeit ihres Lebens oder sogar ihre Berufswahl an eine Institution zu verschwenden, deren Struktur und Ziel der eigenen Grundhaltung diametral entgegengesetzt ist, halte ich für unerträglich. Die Idee ist ja nicht neu: Schon in den sechziger und siebziger Jahren, vor der Verzehnfachung der Kriegsdienstverweigererzahlen in Folge des Aufschwungs der Friedensbewegung in den Achtzigern sind nicht wenige Linke mit entsprechenden Vorsätzen in die Bundeswehr eingetreten. Einen wesentlichen Demokratisierungseffekt haben sie trotz individuell hohen Einsatzes und hoher Leidensbereitschaft nicht erzielt. Dieses Scheitern war nicht die Folge, sondern die Ursache massenhafter Kriegsdienstverweigerungen – die in den sechziger und siebziger Jahren Geborenen hatten schlicht keine Lust mehr, sich für wenig erfolgversprechende politische Orientierungen persönlich verheizen zu lassen.

Eine „republikanische Armee“ mit „zivilen Werten“, wie Fücks sie fordert, ist nach allen Erfahrungen mit Armeen in Geschichte und Gegenwart wohl noch mehr „schöne Utopie“ als die Abschaffung der Bundeswehr. Kathrin Vogler, Bundesspreche-

rin der DFG-VK, Velbert

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