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Schöne Unterhaltung für Badeseekranke

■ Das Programm der ersten Woche des Internationalen Sommertheaters vom 4. bis 9. August auf Kampnagel

Alles liegt darnieder: Die Suche nach wenigstens einem erwähnenswerten Konzert pro Tag führt meist zur Fehlanzeige, die Galerien und Museen lassen einem Zeit für die großen Artikel, die man schon immer einmal machen wollte, und in den Theatern schnarcht der Holzwurm. Welch ein Glück, daß es da wenigstens das Sommertheater gibt. Wer seine im Badesee geholten Streptokokken abends wohl unterhalten auf dem Kampnagelgestühl breitsitzen möchte, dem bieten die nächsten drei Wochen ausreichend Gelegenheit. Diesen Freitag geht es los.

Berühmte Sprünge und kleine Menschen eröffnen das 12. Festival, das diesmal schwer vom Tanz dominiert wird. Die kanadische Compagnie LaLaLa Human Steps um den Choreographen Édouard Lock und die Tänzerin Louise Lecavalier, die vor knapp zehn Jahren mit ihren gewagten Sprüngen eine Initialzündung zu einem neuen Bewegungsrepertoire in der internationalen Tanzszene lieferten, sind heuer die traditionelle große Nummer der ersten Premiere. Ihr neues Stück 2 spielt die Dualität formal und thematisch aus: Zwischen 2 Screens und 2 Cembalos zelebrieren 8 Tänzer und Tänzerinnen in verschiedenen Formationen die Spannung zwischen Leben und Tod im Altern (bis So, k6, 20.30 Uhr).

Parallel findet in der Halle 4 die zweite Eröffnungspremiere mit der dänischen Multi-Media-Compagnie Hotel Pro Forma statt. Sogenannte „Kleinwüchsige“ (hier gibt es ein Benennungsproblem) verschränken in der Inszenierung von Kirsten Dehlholm die Geschichten von Schneewitchen und Dorian Gray zu einer Reflexion über die Stereotypen von Schönheit und die damit verbundenen Selbsttäuschungen (bis So, k4, 21 Uhr).

Wem nach dem Kunstgenuß nach entspannter Seligkeit mit zeitlos schönem Liedgut ist, dem kann mit der brasilianischen Rock-Lady Cássia Eller geholfen werden. Statt röhrendem Hirsch, äh Rock, bietet sie einen akustischen Abend mit zwei Gitarristen und Liedern von Keith Richard/Mick Jagger, Joni Mitchell und Caetano Veloso (Fr/Sa, 23 Uhr, Foyer 2, am Sa mit anschließender Tanznacht.

Das Eröffnungswochenende, das auch die Premiere von Meg Stuarts neuem Stück sieht (siehe oben), findet seine ganz Tapferen bei dem Sonnenaufgangskonzert, Sonntag um 4 Uhr früh, im Foyer 1, versammelt. Die Filmmusik-Allrounder der Paramounts unterhalten die Treuen mit Titelmelodien aus so manchem Klassiker.

Publikumsgespräche zu Meg Stuart und Hotel Pro Forma gibt es jeweils im Anschluß an die sonntäglichen Vorstellungen.

Die spanische Compagnie Mal Pelo setzt nach dem aus Kostengründen spielfreien Montag am Dienstag das Programm mit ihrem Doppelstück Dol/Zarco fort. Auch diese Produktion hat ein Cello, dreht sich um das Sterben und die Zwei, denn Pepe Ramis und Maria Munoz sind das Duo hinter dem Gruppennamen. Sie erzählen neben der Reflexion Dol über das Sterben wunderbar-bizarre Geschichten in Zarco (Di-Do, k1, 21.30 Uhr).

Im Rahmenprogramm eröffnet die Ausstellung des Grafikers und früheren Sommertheater-Plakat-Erstellers Holger Matthies in der k3, und eine Künstler-Theatergruppe zelebriert nach Heiner Müller einen begehbaren und bespielten Argonautengang in der KX (dazu morgen mehr).

Zu den Veranstaltungen der zweiten Woche siehe nächsten Querschnitt. tlb

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