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Schönbohm auf Schlingerkurs

■ Sommertheater um Ausrüstung und Kürzungen bei der Polizei. Finanzverwaltung hält sich zurück und setzt auf eine "pragmatische Lösung" mit dem Innensenator

Mit sommerlicher Gelassenheit reagiert die Senatsverwaltung für Finanzen auf die vom Boulevardblatt B. Z. losgetretene Debatte über fehlende Mittel bei der Polizei. „Der Innensenator hat den von der Großen Koalition vereinbarten Konsolidierungskurs bislang immer unterstützt“, kommentierte gestern der Sprecher der Finanzverwaltung, Frank Zimmermann, die Aufregung der letzten Tage.

Am Donnerstag hatte Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) mit doppeldeutigen Äußerungen über die Sparvorgabe im Polizeibereich für zusätzliche Irritationen gesorgt. Dem von CDU und SPD im Haushaltsstrukturgesetz festgelegten Abbau von 2.000 Stellen bis zum Jahr 1999 habe er kurz nach seinem Amtsantritt „ohne Detailkenntnis“ der Auswirkungen auf die Arbeitsbelastungen zugestimmt.

Die vorgesehene Sparqoute zu erbringen, werde „außerordentlich schwierig“ sein. Schönbohm relativierte seine Darstellung dann mit dem Satz, auch die Polizei könne sich dem „Spardiktat des Haushaltes nicht entziehen“. Die Frage sei aber, „wie weit können wir gehen“.

Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) wollte sich gestern nicht äußern. Unabhängig von der jetzigen Debatte ist für Montag ein Treffen zwischen ihr und dem Innensenator anberaumt. Im Zusammenhang mit der jüngst gebildeten Senatsarbeitsgruppe Personal sollen die Haushaltsrisiken 97 und Personaleinsparungen beraten werden.

Finanzsprecher Zimmermann erklärte gestern, der Bereich Innere Sicherheit sei nach dem jüngsten Senatsbeschluß „eine Priorität unter mehreren“. Wie andere Verwaltungen werde auch die Polizei im kommenden Haushaltsjahr weiter sparen müssen. 1997 muß eine Lücke von 10,4 Milliarden Mark geschlossen werden.

Bei der Polizei gehe es darum, „zielgenau die erforderlichen Mittel einzusetzen“. Man sei in der Finanzverwaltung „optimistisch“, eine „pragmatische Lösung“ mit dem Innensenator zu finden.

Nach Darstellung der Gewerkschaft der Polizei soll der Benzinetat für Einsatzfahrzeuge in diesem Jahr in rund zwei Monaten aufgebraucht sein. Schönbohm hatte allerdings Berichten widersprochen, nach denen die Polizei handlungsunfähig zu werden drohe. Dies sei nicht der Fall, auch wenn die technische Ausstattung – veraltete Schreibmaschinen oder eine ebenso antiquierte Leitzentrale – nicht den Anforderungen einer Hauptstadtpolizei entsprächen. Ohne nähere Angaben zu machen, versprach Schönbohm, sich bei Fugmann-Heesing für zusätzliche Mittel zur Modernisierung der Polizei einzusetzen.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Dieter Hapel, will dafür andere Verwaltungen bluten lassen. Durch „Umschichtungen beziehungsweise Einsparungen in anderen Bereichen“ sollten Gelder für die Polizei „erschlossen“ werden. Severin Weiland

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