: Schön verhältnismäßig
■ Aufwendige Jagd ohne konkreten Verdacht: Polizei legt U-Bahn lahm
Die „Verhältnismäßigkeit“ des Einsatzes sieht Polizei-Sprecher Werner Jantosch gewahrt: Zwei Beamte der sogenannten Präsenz-Schicht sowie drei Doppelstreifen auf Jagd durch die U-Bahn-Schächte am Hauptbahnhof, eine 30 Minuten lang lahmgelegte U-Bahn-Linie zwischen Hauptbahnhof und Berliner Tor und vorverurteilende Äußerungen von Polizisten findet Jantosch hinnehmbar angesichts folgender Begebenheit:
Gestern gegen 14 Uhr beschließen zwei Polizisten, einen Mann, „einen Schwarzen“, fügt Jantosch hinzu, „vor den Tunnelanlagen am Hauptbahnhof-Süd namentlich zu überprüfen“. Der sagt, wie er heißt, weigert sich aber, seine Papiere zu zeigen. Während die Polizisten über Funk kontrollieren, ob sein Name der Wache bekannt sei, flüchtet der Mann, so Jantosch, über den Bahnsteig, springt auf die Gleise und rennt in Richtung Lohmühlenstraße. Die Beamten fordern Verstärkung an, lassen die Hochbahn den Strom abschalten und den U-Bahn-Verkehr eine halbe Stunde lang stillegen, laufen auf den Gleisen bis zum Berliner Tor. Als eine Passantin berichtet, „einer mit weißer Hose“ sei aus dem Schacht herausgekommen, stellen sie ihre Jagd erfolglos ein.
Der angegebene Name sei bei der Polizei „unbedeutend“, sagt Jantosch. Er wisse nicht, weshalb der Schwarze geflohen sei. Anders offenbar die Polizisten im Einsatz: Über Funk verständigen sie sich über „den Täter“. „Ich werte solche Aussagen nicht“, stellt sich Jantosch schützend vor die sprachliche Vorverurteilung. Üblich sei die Bezeichnung „der Flüchtige“. Es sei „möglich, daß sie ein anderes Wort gebraucht“ hätten.
Weshalb der Mann überhaupt kontrolliert worden sei? Jantosch: „Er hat sich entsprechend verhalten.“ Hautfarbe schwarz, Aufenthaltsort Hauptbahnhof: Schon wittern Hamburgs Spürnasen die offene Drogenszene. hh
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