■ Schnittplatz-Special: Simultaner Weihnachtszauber
Wie von Geisterhand klingelte da plötzlich das Telefon.
Doch der Reihe nach: Eigentlich hatte sich der taz-TV-Berichterstattungskoordinator ja geschworen, wenigstens dieses große RTL-TV-Ereignis komplett zu ignorieren. Da mochte einen die RTL-Pressestelle noch so mit entsprechenden Presse-Infos in vielfacher Ausführung zugebrieft und der taz sogar (wie übrigens allen anderen fernsehinteressierten Redaktionen im Lande auch) zusätzlich noch eine Handvoll „exklusiver“ Fotos „reserviert“ haben – Hans Klok sollte dennoch in der Ablage „eher uninteressant“ einem baldigen Dem-Müll-Überantworten entgegengammeln. (Hans Klok? – Na, Sie wissen schon: irgend so ein Nachwuchs-Copperfield und „schnellster Magier aller Zeiten“ [RTL], der Helikopter, Henri Maske oder tolle Mercedes- Benz-Mobile huschherbei- und hopphinwegzaubert bzw. nicht Claudi Schiffer, wohl aber Birgit Schrowange den Kopf verdreht – „mehrmals um 360 Grad“ [RTL] sogar – und ähnlich komplett „spektakulär und sensationell“ [RTL] und uninteressant „Pop mit Magie, Rock mit Illusionen, Klassik mit Moderne und Tradition mit Avantgarde“ [RTL] verbinde usw. usf.) Und tatsächlich wäre das RTL-Gedöns um den wachsbrüstigen Klok von keinem einzigen Krümel taz-Druckerschwärze behelligt worden – hätte da nicht plötzlich das Telefon geklingelt.
Am Apparat war Frank Rendes, RTL-Pressesprecher in Sachen Show und Unterhaltung. Herr Rendes wollte – „Schönen guten Tag!“ – einfach nur mal so anrufen und auf das Festtagsprogramm des RTL-Oberkonkurrenten Sat.1 hinweisen. Beziehungsweise darauf, daß Sat.1 ja während der Weihnachtsfeierlichkeiten, zeitgleich mit Teil 2 des „größten Magiespecials aller Zeiten“ (RTL), eine Wiederholung seines Entzauberungs-Specials „Aus der Zauber – Die geheimen Tricks der großen Magier“ im Programm habe. Beziehungsweise darauf, daß die bei Sat.1 enthüllten Tricks mit der Magie von Hansi Klok gar nix zu tun habe. Beziehungsweise darauf, daß Kloks Helikoptertrick 50.000 Mark gekostet habe und die Sache mit dem Mercedes sogar 350.000 Mark (Entwicklungskosten, versteht sich; das Auto nicht mitgerechnet). Und daß einerseits so ein Trick für den Illusionisten wertlos wird, wenn jemand ihn verrät, andererseits aber, wie schon gesagt, die Sat.-1- Desillusionierungen mit dem RTL-Klok überhaupt nichts zu tun haben, und daß das doch eine interessante Geschichte sei. Ach ja, und eigentlich wollte Herr Pressesprecher Rendes nur mal angerufen haben, um uns und Ihnen mitzuteilen, daß RTL „die Sache gelassen“ sähe.
Und wann genau denn nun Hans Kloks „Magie für das neue Jahrtausend“ auf RTL gesendet wird, hat Herr Rendez auch gesagt. Aber wenigstens das hat der taz-TV-Berichterstattungskoordinator vor lauter Gelassenheit total vergessen. csch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen