: Schnittfester Schaum
■ betr.: „Eine weise Entscheidung“ (Berlin: Der Verfassungsschutz darf die Reps nicht mehr beobach ten), Kommentar von Burkhard Schröder, taz vom 2. 9. 98
Wen das interessiert, was der Verfassungsschutz der Öffentlichkeit mitzuteilen hat? Das will ich Ihnen sagen, Herr Schröder. Auf der CeBIT Home – beispielsweise – ließen sich täglich rund 3.000 interessierte Besucher am Stand des BfV („Extremisten nutzen das Internet“) informieren und räumten die Broschürenregale leer. Ein überwältigendes Interesse lassen auch die zahlreichen Anfragen über E-Mail, Post oder Telefon bei der hiesigen Pressestelle erkennen.
Nichts gegen sachliche Kritik am Verfassungsschutz; mit der kann man sich auseinandersetzen. Aber wie soll man mit diesem schnittfesten Schaum umgehen, mit dem Sie seit Jahren gegen den Verfassungsschutz polemisieren? Es ist, mit Verlaub, dümmlich, wenn Sie dem Verfassungsschutz zum wiederholten Male vorwerfen, er habe nicht vor den Gewalttaten von Skinheadcliquen gewarnt. Die wissen doch morgens meist selbst nicht, was sie abends im Suff tun. Wie hätten Sie es denn gerne: Verfassungsschutz wie Stasi – omnipräsent und omnipotent? Würde sich das „Abwickeln“ erübrigen, wenn der Verfassungsschutz mehr könnte, als er können will?
Wenn ich lese, wie Sie jenseits der „normalen“ Mitte bis hin zur NPD und DVU alles über einen Kamm scheren, frage ich mich, ob es „weise“ wäre, künftig die Entscheidung über „Gütesiegel“ – extremistisch oder nicht – Leuten wie Ihnen zu überlassen. Gäbe es den Verfassungsschutz nicht, hätten Bürgerinnen und Bürger oft keine Möglichkeit, zwischen bloßem Parteiengezänk und Demokratiegefährdung zu unterscheiden. „Verfassungsschutz durch Aufklärung“ nehmen wir sehr ernst. Und auch die Bürgerinnen und Bürger wollen offenbar die Analysen einer parteipolitisch neutralen Institution. Wie erklärt sich sonst das Ergebnis einer im Auftrag des Spiegel durchgeführten Meinungsumfrage, wonach drei Viertel der Befragten den Verfassungsschutz für notwendig halten? Dr. Hans-Gert Lange,
Pressesprecher des Bundesamts
für Verfassungsschutz
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