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Schneller ist nicht schlechter

Wären Therapien kürzer, müsste man nicht so lang auf einen Behandlungsplatz warten. Theoretisch könnten dann mehr Pa­ti­en­t*in­nen in gleicher Zeit versorgt werden. Tatsächlich sind schon heute drei von vier verordneten Therapien sogenannte Kurzzeittherapien. Das bedeutet, nach maximal 24 Sitzungen à 50 Minuten ist die Therapie abgeschlossen. Zumal bereits nach nach der Hälfte der Sitzungen der Erfolg evaluiert und entschieden wird, ob weitere zwölf Termine notwendig sind. Dieser Zwischenschritt lohnt sich: Daten der Krankenkassen zeigen, dass 30 Prozent der Therapien bereits innerhalb der ersten 12 Sitzungen abgeschlossen wurden.

In Folge der Reform der Psychotherapierichtlinie im Jahr 2017 sind die Hürden für eine Kurzzeittherapie zusätzlich gesunken. Neben der Aufteilung der Kurzzeittherapie in zwei Abschnitte entfiel auch die Gutachtenpflicht und damit einiges an Bürokratie. Den Krankenkassen reicht somit ein Antrag aus, um die Therapie zu genehmigen. Bis dato musste ein externer Gutachter, meist andere Psycholog*innen, die Anträge prüfen und den Kassen eine Empfehlung über den Sinn der Therapie ausstellen. Dadurch ist es für Psy­cho­the­ra­peu­t*in­nen deutlich einfacher geworden, Kurzzeittherapien anzubieten und zeitnah zu beginnen. Zumal eine Kurzzeittherapie anschließend auch in eine Langzeittherapie überführt werden kann.

Aber wird so den Pati­en­t*in­nen kostbare Therapiezeit entzogen?

Aus den Daten der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung geht hervor, dass eine Psychotherapie durchschnittlich etwa 25 Sitzungen dauert, dafür wurden alle verschriebenen Psychotherapien zusammengerechnet. Folglich benötigt nur ein geringer Anteil der Pa­ti­en­t*in­nen eine über die Kurzzeitbehandlung hinausgehende Therapie. Die Daten zeigen außerdem, dass Psy­cho­the­ra­peu­t*in­nen sich nicht streng an die Zahl der zulässigen Sitzungen halten, sondern Therapien beendet werden, wenn der Therapieerfolg erreicht wurde.

Die Kurzzeittherapie verknappt also die Therapiedauer nicht künstlich, gleichwohl reduziert ein möglichst niedrigschwelliger und bürokratiearmer Beginn einer Therapie für Pa­ti­en­t*in­nen und The­ra­peu­t*in­nen unnötige Wartezeiten.

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