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Schmusen mit Igeln

Igel brauchen auch Ansprache und Körperkontakt, wissen zwei Hamburger Igelexperten  ■ Von Heike Dierbach

Otzi war total verschmutzt und unterernährt, als Ernst und Ursula Wolf ihn aufnahmen. Seine Ohren waren vereitert, im Schlaf schrie und wimmerte der kleine Igel. Nach einigen Monaten im Freigehege war er wieder guter Dinge, hatte fast das Doppelte seines Gewichts erreicht und genoß die Schmusestunden mit seinen Adoptiveltern.

„,Eltern' hören wir nicht gern“, berichtigt Ernst Wolf, „wir betreiben Verhaltensforschung.“Seit über 30 Jahren nimmt das Ehepaar aus Blankenese Igel in Pflege, organisiert Ausstellungen und berät Interessierte und Fachleute. Sogar ein Buch haben sie schon veröffentlicht.

Angefangen hat alles 1964 mit einem kranken Igel, den das Ehepaar im Garten fand. Nicht nur der konsultierte Tierarzt konnte dem kleinen Patienten nicht helfen, berichtet Ernst Wolf, „damals wußte niemand etwas über Igel“. Rat bekamen die Wolfs schließlich von Wissenschaftlern aus Zürich. Seitdem sind sie auf den Igel gekommen, haben Hunderte kranker Tiere gesundgepflegt und gebadet, haben Zecken gezogen, Fläschchen gegeben, Spritzen verabreicht – und Märchen vorgelesen. „Kleine Igel brauchen, wie Menschenkinder, Körperkontakt und Ansprache“, erzählt Ursula Wolf. Ihre kleinen Schützlinge erkennen die Betreuerin sogar an der Stimme.

Dennoch wissen die ExpertInnen, daß der Igel ein Wildtier bleibt, das im Frühjahr wieder in die Freiheit drängt. „Am besten ist es, draußen zuzufüttern“, sagt Ernst Wolf. Ins Haus nehmen sollte man nur kranke oder zu kleine Tiere.

Seit zwei Jahren konzentrieren sich die beiden RentnerInnen nur noch auf die Beratung. Bis zu zwölf Anfragen aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz beantworten sie täglich, geben Anleitung zu Futter und Unterbringung aufgefundener Igel. „Dieser Winter ist furchtbar für die Tiere“, sagt Ursula Wolf. Aufgrund des frühen Frostes im September sind viele Jungigel an Kälte und Unterernährung gestorben. „Das geht mir schon unter die Haut.“

Auf die „professionellen“Tierexperten aus dem Fernsehen sind die Wolfs nicht gut zu sprechen. „Die haben oft gar keine Ahnung von Igeln“, schimpft Ernst Wolf. Lange hätten diese „Experten“dazu aufgerufen, Igel unabhängig vom Gewicht aufzunehmen. „Die verdienten sich trotzdem eine goldene Nase!“

Die beiden RentnerInnen lehnen jede Bezahlung für ihre Arbeit ab. Igelfutter, -medikamente und Tierarztkosten bezahlen sie aus eigener Tasche. In 30 Jahren haben sie den Preis eines Hauses in die Igelpflege investiert, rechnet Ernst Wolf vor. Doch Otzi und die anderen waren es ihnen wert, denn „der Igel ist unheimlich viel Mensch“.

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