Schmonzette gegen Tatort: Kolonial-Folklore mit Krümeln
Im ZDF sollte „Johanna und der Buschpilot“ gegen den „Tatort“ antreten. Jugendgefährdender war die Schmonzette allemal.
„Um Gottes willen“, betritt die deutsche Frau Doktor mit kulleräugigem Entsetzen die Klinik irgendwo in Afrika, die sie von ihrem dahingeschiedenen Vater übernommen hat. Alles voller dunkelhäutiger Menschen, die im Drehbuch von Timo Berndt nicht kapieren dürfen, dass sie im OP-Raum nicht essen sollen. „Das geht so nicht, wir brauchen Regeln, irgendeine Ordnung!“, zieht Ärztin Johanna Zarrmann (Julia Brendler) die hübsche Stirn in krause Falten.
Die afrikanische Schwester schaut sie verständnislos an. Ja, um Gottes willen. Hoffentlich haben da am Sonntagabend keine Kinder zugeschaut. Denn was das ZDF an „Herzkino“ als familienkompatible Gegenprogrammierung zum „Tatort“ versendet, bedarf mitunter mehr einordnender Worte als der Mord und Totschlag im Ersten.
„Johanna und der Buschpilot“ heißt der Zweiteiler aus der Mainzer Kitschküche, vergangenen Sonntag lief der – vorerst – letzte Teil einer handelsüblichen Lovestory um zwei schöne Menschen, die sich nach zweimal 90 Minuten auf unglaubwürdigen Irrwegen irgendwann endlich kriegen.
Leider spielen diese Irrwege für Johanna und ihren Piloten Thomas (Kai Schumann) in Afrika. Und es ist schon erschreckend, was für eindimensionale Kolonialzeit-Folklore da im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verbreitet wird: Auf der einen Seite die Afrikaner, die nichts auf die Reihe kriegen, den OP vollkrümeln oder auf irgendeiner Stammesfehde marodierend durch den Busch ziehen und dann im Krankenhaus des „großen weißen Medizinmanns“ (Johannas Vater) wieder zusammengeflickt werden müssen.
Zucht und Ordnung
Auf der anderen Seite eben der weiße Mann beziehungsweise Johanna, die ein bisschen Zucht und Ordnung in den chaotischen Laden da unten bringt. So hat man sich die Welt vor 150 Jahren auch schon gedacht. Postkolonialismus, war da was? Schwarz-weiß ist einfacher. Ach so, der weiße Freund vom Piloten führt mit der schwarzen Schwester Rosi (Ndoni Khanyile) eine offenbar auf gegenseitiger Wertschätzung beruhende Liebesbeziehung, das muss hier als Alibi reichen.
Das eigentlich Ärgerliche ist die väterlich-gutmütige Perspektive, die hier eingenommen wird. Das soll bestimmt besonders tolerant wirken, ist aber diskriminierend. Diese milde Nachsicht, wie mit einem zurückgebliebenen Kind: Der kauzige alte Buchhalter der Klinik verheddert sich in meterlangen Papierschlangen, kann nicht telefonieren und lässt sich von Johannas Noch-Freund Michael (Bernhard Piesk), der ihn nicht für voll nimmt, erst mal das Büro ordnen.
Aber sie bemühen sich ja, diese Afrikaner, und so liebenswert, da kümmern „wir“ uns doch gerne um „die“. Schwester Rosi kann, natürlich, nicht lesen oder schreiben. Deswegen auch das Durcheinander im Medikamentenschrank, das Frau Doktor zur Verzweiflung bringt: „Noch nicht mal hier herrscht Ordnung!“
Als sie dann erfährt, warum nix nach dem Alphabet geregelt ist, nimmt sie Rosi tröstend in den Arm. Wie im Kindergarten gibt es fortan lustige Aufkleber statt Buchstaben: Die Schmerzmittel bekommen einen Pflaumensticker, die Antibiotika einen Apfel – oder so ähnlich. Rosi lächelt dankbar. Und das ZDF hat vergessen, den Farbfilm einzulegen.
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