Schmierereien gegen Schwaben in Berlin: Hassparolen wie bei den Nazis
Geschmackloser Tiefpunkt im Berliner „Spätzlekrieg“: Neue Hassparolen gegen Schwaben an Häuserwänden erinnern an antisemitische Schmähungen der Nazis.

BERLIN dpa | Eine Wandschmiererei gegen zugezogene Schwaben hat in Berlin Empörung ausgelöst. Unbekannte hatten in der Nacht zum Samstag auf eine Hauswand in Stadtteil Prenzlauer Berg mit Farbe geschrieben: „Kauft nicht bei Schwab'n“ – ein Boykottaufruf, der an den Anfang der Judenpogrome der Nationalsozialisten erinnert. Die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen.
„Die Schmiererei ist eine unsägliche Aktion, für die es keine Begründung gibt“, erklärte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Samstag. Innensenator Frank Henkel (CDU), betonte, besonders geschmacklos sei die Tatsache, dass sich diese Aktion in der Rykestraße zugetragen habe, in der sich auch eine Synagoge befindet. Die Zeitung B.Z hatte über die Schmierereien berichtet.
Rund 200 Meter weiter wurde auf einen Container vor einer Baustelle der Spruch geschmiert: „Schwabe verpiss' dich“. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.
Pöbeleien gegen schwäbische Zugezogene haben in den vergangenen Monaten in Berlin zugenommen – vor allem in Prenzlauer Berg rund um den auch von Touristen beliebten Kollwitzplatz. Straßenschilder waren dort bereits mit aufgeklebten Buchstaben „eingeschwäbelt“ worden: Aus Kollwitzplatz wurde Kollwitzspätzle, aus Wörther Straße Wörther Gässle. Ein Denkmal der Künstlerin Käthe Kollwitz war mit Spätzle beworfen worden.
Der anonyme Unmut regt sich gegen die Schwaben, weil sie angeblich die Besonderheiten des Stadtviertels veränderten und den Wohnungsmarkt in die Höhe trieben. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), der am Kollwitzplatz wohnt, hatte Anfang des Jahres gesagt, die Schwaben sollten sich besser anpassen und lernen, dass es in Berlin „Schrippen“ und nicht „Weckle“ heiße. In Berlin leben schätzungsweise rund 300.000 Schwaben.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell