: Schmidtbauer bringt Leichen nach Israel
Kohls Geheimdienstkoordinator vermittelt erfolgreich zwischen Jerusalem und der Hisbollah. Netanjahu hofft auf Freilassung des seit 1986 im Libanon vermißten Piloten Ron Arad ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Auf einem israelischen Luftwaffenstützpunkt ist gestern ein deutsches Militärflugzeug mit einer makaberen Fracht gelandet. Die Maschine kam aus der libanesischen Hauptstadt Beirut, an Bord hatte sie zwei Leichen – die sterblichen Überreste der israelischen Soldaten Josef Fink und Rahamim asch- Scheich. Die beiden Soldaten waren vor zehn Jahren im Libanon verwundet worden und in Gefangenschaft gestorben.
Die Rückgabe der Leichen erfolgte als Teil eines ersten, mit deutscher Hilfe verhandelten Austauschs israelischer und libanesischer Leichen und Gefangener. Nach einer Mitteilung des früheren Chefs des israelischen Geheimdiensts Schin Bet, Jakov Peri, hat Israel im Rahmen dieses Abkommens 123 bisher in Israel und in der südlibanesischen „Sicherheitszone“ begrabene Leichen libanesischer Kämpfer mit Hilfe des Roten Kreuzes in den Libanon zurücktransportiert. Gleichzeitig wurden auch 21 von der schiitischen Hisbollah gefangengehaltene Mitglieder der mit Israel kooperierenden Südlibanesischen Armee (SLA) gegen 45 Libanesen, die in israelischen Gefängnissen festgehalten wurden, ausgetauscht.
Maßgeblich an der Verwirklichung des Abkommens beteiligt war Bernd Schmidtbauer. Der bundesdeutsche Geheimdienstkoordinator hatte in den letzten Tagen in Damaskus und Beirut selbst letzte Details ausgehandelt und war gestern auch an Bord des deutschen Flugzeugs. In Jerusalem wurde er von israelischen Regierungsvertretern und hohen Sicherheitsbeamten empfangen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dankte ihm persönlich für die deutsche Hilfe. Israelische Quellen meldeten, daß bei dieser Gelegenheit auch weitere Verhandlungsschritte vereinbart wurden.
Ein weiterer Austausch bleibt offen
Die israelische Regierung hofft, daß diese zur baldigen Befreiung des 1986 im Libanon gefangengenommenen Flugoffiziers Ron Arad und drei weiterer israelischer Soldaten führen. Eine große Zahl von Libanesen bleibt in israelischer Haft, darunter die aus dem Libanon entführten prominenten Schiitenführer Scheich Abdul Karim Ubeid und Mustafa Dirani. Die Möglichkeit ihres Austauschs gegen israelische Gefangene oder Vermißte wird in Jerusalem offengehalten.
Regierungschef Netanjahu versprach gestern, alles zu tun, um auch die übrigen israelischen Gefangenen oder Vermißten in die Heimat zurückzubringen. Das Abkommen sei ein guter Anfang, sagte er und ließ durchblicken, daß er gute Aussichten auf eine erfolgreiche Fortsetzung der Verhandlungen über weitere Abkommen dieser Art sieht. Ähnlichen Optimismus zeigte auch Schmidtbauer.
Die israelische Einstellung zum Iran habe sich nicht geändert, erklärte Netanjahu auf die Frage eines Journalisten, der darauf verwies, daß Schmidtbauer Teile der Verhandlungen in Teheran geführt haben soll. Jenseits aller Differenzen, die Israel mit der europäischen Iranpolitik habe, handele es sich um eine rein humanitäre Angelegenheit auf der Basis international festgelegter Regeln.
In der Vergangenheit bestand Israel auf gleichzeitiger Rückgabe aller israelischer Gefangener und Vermißter. Als sich herausstellte, daß Ron Arad und drei vermißte israelische Soldaten nicht im gleichen durch die deutschen Vermittler verhandelten Paket ausgeliefert werden können, soll er sich bei seiner Reise nach Washington entschlossen haben, die gegenwärtig zustande gekommene Zwischenlösung zu bestätigen.
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