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Schmalzl wird nicht GenreralbundesanwaltWutmail stoppt Karriere

Der FDP-Jurist Schmalzl hat seine Kandidatur zum Generalbundesanwalt zurückgezogen. Er hätte nach seiner Wutmail wohl keine Mehrheit im Bundesrat bekommen.

Regierungspräsident Johannes Schmalzl (FDP) und der grüne baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann bei der Freigabe einer Bundesstraße. Bild: imago/Hofer

FREIBURG taz | Johannes Schmalzl (FDP) wird nicht neuer Generalbundesanwalt. Am Freitag zog er seine Bewerbung zurück. Der 46-Jährige hätte bei der entscheidenden Abstimmung im Bundesrat wohl auch keine Mehrheit bekommen, nachdem eine unbeherrschte E-Mail von ihm bekannt wurde.

Schmalzl ist derzeit Regierungspräsident in Stuttgart. Zuvor war er Präsident des Verfassungsschutzes von Baden-Württemberg und hoher Beamter im dortigen Justizministerium. Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nominierte ihn die Bundesregierung als Nachfolger der altersbedingt ausscheidenden Generalbundesanwältin Monika Harms (CDU).

Für das Amt des obersten Anklägers und Terrorermittlers ist allerdings auch die Zustimmung des Bundesrats erforderlich. Die Abstimmung sollte am Freitag stattfinden. In den letzten Tagen war unklar, ob Schmalzl wohl die erforderliche Mehrheit bekommt. Zumindest einige SPD-mitregierte Länder hätten zustimmen müssen.

Nach anfänglich positiven Signalen monierte die SPD, sie sei nicht genügend eingebunden gewesen. Inhaltliche Kritik machte sich daran fest, dass Schmalzl nur drei Monate als Staatsanwalt gearbeitet hatte.

Der Generalstaatsanwalt von Brandenburg Erardo Rautenberg hatte vorige Woche die Kritik in einem Brief zugespitzt: Schmalzls strafrechtliche Qualifikation liege "weit unter dem Niveau der wissenschaftlichen Mitarbeiter" der Bundesanwaltschaft. Darüber berichteten unter anderem die taz und der Spiegel.

"Selbst rausgeschossen"

Anfang dieser Woche schien sich die Aufregung wieder gelegt zu haben. Generalstaatsanwälte aus anderen Bundesländern sprachen sich für Schmalzl aus. Seine Führungsqualitäten als Behördenleiter wurden gelobt. Eine Mehrheit im Bundesrat schien nun doch sicher.

Die Stimmung kippte am Donnerstagnachmittag. Das Darmstädter Echo berichtete von einer wütenden Mail Schmalzls an Rautenberg. Damit habe sich Schmalzl "selbst rausgeschossen", sagte der baden-württembergische SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel.

Die Mail, die der taz vorliegt, ist kurz, aber heftig: "Herr Generalstaatsanwalt, auf diesem Wege möchte ich Ihnen auch gerne unter Bezugnahme auf die distanzierenden Schreiben Ihrer Kollegen an Sie meine tiefe Enttäuschung über Ihr niederträchtiges Schreiben, das in Wahrheit an den Spiegel gerichtet war, zum Ausdruck bringen. Nach meiner Einschätzung fehlt Ihnen jegliche charakterliche Eignung sogar zum Führen einer Kleinstbehörde. Warum haben Sie mich nicht vorher angerufen, bevor Sie so einen Mist schreiben? Johannes Schmalzl".

Am Freitagmorgen zog Schmalzl die Konsequenz. "Im Hinblick auf die unberechtigten, auch persönlichen Angriffe" auf ihn stehe er nicht mehr zur Verfügung. Leutheusser-Schnarrenberger muss nun schnell einen neuen Kandidaten suchen. Die Amtszeit von Monika Harms dauert noch bis Ende September.

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5 Kommentare

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  • E
    emil

    uahh bei diesem wutmail vokabalur wird mir ja ganz anders. dieser olle schinken ist zumindest persönlich ungeeignet zur führung eines zweimensch-betriebes, von mehr nicht zu reden. konfliktlösung gleich null.

  • M
    Michael

    Schon klasse, wenn sich Frau L.-S. jetzt schon Gedanken dazu macht, wer denn den Platz von Frau Harms einnehmen soll! Aber sie hat ja noch 6 Tage, da kann man ja in Ruhe prüfen * Ironie aus!

     

    Es ist wirklich nicht zu fassen, wie man in Berlin seine Arbeit macht und das ganze auch noch regieren nennt.

  • RM
    Respektvoller Mensch

    Eigentlich fand ich Herrn Schmalzl wenig geeignet zum Generalbundesanwalt, aber das bekanntgewordene Mail macht ihn mir sympathisch. Endlich mal kein Um-den-heißen-Brei-Herumgerede, sondern eine ehrlich wütende Replik. Das nötigt mir Respekt ab.

  • PP
    peter puter

    Nichts gegen diese phänomenale Selbstzerlegung, aber man wird doch leise an der charakterlichen Eignung von Hochleistungsstaatsanwalt Rautenberg zweifeln dürfen, der nicht besseres zu tun hat, als diese Mail an die Presse durchzustechen und - das wurde im Artikel leider ausgespart - darüber hinaus die bemerkenswerte Bräsigkeit besitzt, sein juristisches Fußvolk gleich mal durchprüfen zu lassen, ob hier nicht sogar der Tatbestand der Beleidigung erfüllt sei. Wird Zeit dass die Potsdamer mal tüchtig durchlüften.

  • N
    Normalo

    Die Wutmail scheint jetzt nicht so richtig dramatisch oder unbeherrscht.

     

    Die fachliche Kritik war kaum heftiger oder polemischer als die, der Kritisierte vorher selbst geäußert hatte. Also wäre, wenn das schon reicht, um sich für Führungspositionen in der Staatsanwaltschaft unmöglich zu machen, der Anwurf an Rautenberg, er sei selbst nicht qualifiziert, per se gerechtfertigt.

     

    Auch was den konkreten Vorwurf der Indiskretion betrifft, zeigt sowohl das Auftauchen der ersten Kritik an Schmalzl wie auch das jetzt erfolgte Breittreten seiner persönlichen Mail, dass er wohl nicht so ganz falsch gelegen haben wird. Durch die Blume hat er Rautenberg unterstellt, der wolle mit gezielten Indiskretionen seine Kandidatur torpedieren. Nach diesen beiden Torpedos muss man - ganz Strafrechtler - konzedieren: Die Indizien sprechen für diese These.