Schluss mit der Enthaltsamkeit: Beamte fordern mehr Lohn
Vor den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst: Die Beamten verteidigen ihre Lohnforderung von 8 Prozent. Sie wollen mindestens 200 Euro mehr im Monat.
KÖLN ap/afp Vor Beginn der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst am Donnerstag hat der Deutsche Beamtenbund seine Forderung nach einer deutlichen Erhöhung der Bezüge bekräftigt. Die Opfer, die der öffentliche Dienst zur Sanierung der Staatsfinanzen gebracht habe, müssten nach dreieinhalb Jahren Enthaltsamkeit "mehr als ein bloß verbales Dankeschön hervorrufen", sagte Gewerkschaftschef Peter Heesen am Montag auf der traditionellen Arbeitstagung des Beamtenbundes in Köln. Die Beamten fordern 8 Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro.
Das Argument der Arbeitgeber, dass Erhöhungen wegen der schlechten Haushaltssituation nicht möglich seien, trage längst nicht mehr. Deutschland sei Schlusslicht bei den Investitionen in öffentliche Dienstleistungen. "Wir machen unseren Staat künstlich schlecht, von Staats wegen leistungsschwach, und die Verantwortlichen für diesen Unfug sind auch noch stolz darauf", betonte der Bundesvorsitzende.
Der drastische Personalbbau und die aus Enttäuschung über die Sparmaßnahmen schwindende Motivation mancher Beschäftigter drohten das Qualitätsniveau des öffentlichen Dienstes auf Dauer zu schwächen, warnte er. Auch wegen der dringend notwendigen Nachwuchsgewinnung müsse der öffentliche Dienst wieder attraktiver werden.
Heesen forderte daher auch verbesserte Aufstiegsperspektiven. Außerdem müssten die Vergütungen von Beamtenanwärtern und Auszubildenden strukturell angehoben werden. Auch spätere Einstiege in das Berufsbeamtentum müssten möglich sein, um für den öffentlichen Dienst Fachleute zu gewinnen.
Zugleich beklagte der Gewerkschaftschef einen Trend zur Privatisierung und zum Abbau staatlicher Leistungen. Ob bei der Bahn oder in den Bereichen Wasser und Energie - die Kunden machten zunehmend die Erfahrung, dass die Privatisierungsphilosophie "besser" und "billiger" mit der Realität oft nichts zu tun habe. "Die Liste solcher Fehlentwicklungen wächst, und mit ihr schrumpft der Glaube, das Heil des Staates und seiner Bürger läge in der Privatisierung staatlicher Dienstleistungen", sagte Heesen vor den rund 600 Tagungsteilnehmern in Köln. Weder bei der Qualität noch bei den Preisen gebe es dafür Sicherheit.
Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollte sich in seiner Rede vor den Tagungsteilnehmern nicht zu Einzelheiten der Tarifrunde äußern. "Wir werden von Seiten der Arbeitgeber mit Augenmaß in die gemeinsamen Verhandlungen gehen", sagte der Minister. Dasselbe erwarteten die Arbeitgeber von den Gewerkschaften.
SPD-Fraktionschef Peter Struck unterstützte derweil die Gewerkschaftsforderungen. "Eine Anhebung von mindestens 200 Euro im Monat ist angemessen", sagte Struck. Die DGB-Gewerkschaft Ver.di bekräftigte ihre Streikbereitschaft im Fall eines Scheiterns der Tarifgespräche. Die Gewerkschaft habe die Möglichkeit, "mit den Arbeitgebern bundesweit heftig zu streiten", sagte Ver.di-Vorstandsmitglied Achim Meerkamp.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!