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Schliessung von GuanténamoObama überzeugt Kritiker nicht

Ex-Vizepräsident Cheney greift Obama unmittelbar nach dessen Rede zur Schließung des Gefangenenlagers an. Der Krieg in Afghanistan ist erstmals teurer als der im Irak.

Medien sprechen vom "Kampf der Titanen": Obama und Cheney streiten über Guantánamo. Bild: ap

"Unsere Sicherheit und unsere Werte schützen". Unter dieser Überschrift antwortete US-Präsident Barack Obama am Donnerstag seinen Kritikern von links und rechts. Überzeugen konnte er keine Seite. Kaum war er fertig in Washingtons Nationalarchiv, das die Verfassung, die Unabhängigkeitserklärung und die Bill of Rights beherbergt, da konterte Exvizepräsident Dick Cheney wenige Häuser weiter.

Er griff Obama für seine Pläne ab, das Gefangenenlager Guantánamo zu schließen, für die Enthüllung der CIA-Verhörmethoden, für deren Bezeichnung als Folter sowie dafür, dass Obama die Sicherheit der USA riskiere. Die "harschen Verhörmethoden", so Cheney zur Folter, hätten tausende Leben gerettet.

Cheney geißelt seit Obamas Amtsantritt dessen Sicherheitspolitik, statt sich wie von vielen erwartet in Wyoming zur Ruhe zu setzen. Neu war eine solche nahezu direkte Debatte, was außer im Wahlkampf in den USA nicht üblich ist. Die Medien sprachen vom "Kampf der Titanen".

Cheney hat den Senat auf seiner Seite was die Schließung Guantánamos betrifft. 90 Senatoren hatten am Vortag 80 Millionen Dollar für die Schließung des Lagers verweigert, solange nicht klar sei, was mit den 240 Gefangenen geschehen solle. Nur sechs stimmten für die Gelder. Republikaner und Demokraten im Senat sind sich einig, dass keine Gefangenen aus Guantánamo in US-Gefängnisse verlegt werden dürfen.

Genau dort sollen sie hin - jedenfalls wenn sie gegen US-Gesetze verstießen und von US-Gerichten dafür verurteilt werden können. Wer das Kriegsrecht brach, kommt vor ein Militärgericht, soll allerdings mehr Rechte als bisher erhalten. Zur schwierigsten Kategorie zählen laut Obama Gefangene, die eine Gefahr für die USA darstellen, aber nicht angeklagt werden können, weil ihre Aussagen etwa durch Folter erzwungen wurden. Sie würden keinesfalls freigelassen.

Das bescherte ihm Kritik von Liberalen. Diane Marie Amann, Juraprofessorin in Kalifornien, sagte: "Diese vorsorgliche Internierung ist beispiellos in der US-Rechtsgeschichte." Dies verstoße gegen die Verfassung. In der Washington Post schrieb Charles Krauthammer: "In 125 Tagen hat Obama mit kleineren Änderungen das gesamte angeblich gesetzlose Bush-Programm übernommen." Wo die Gefangenen genau hinsollen, will Obama in einem Monat sagen. Vorerst bewilligte der Senat 91,3 Milliarden Dollar für die Kriege in Afghanistan und im Irak. Obama schickt 21.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan. Damit wird der Krieg dort erstmals teurer als im Irak. Auf das Geld zur Schließung von Guantánamo muss Obama warten. Seine Rede überzeugte die Senatoren nicht.

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3 Kommentare

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  • PM
    Pas Materski

    ...there is certainly conspiracies, no doubt,they have the advantage to be much more straight forward than the cons.-theories,they are doing what you might them expect to do, for the reasons they said they gonna do them.

    (or so) quote by Author and journalist David Aaronovitch

    @Frost over the World - Conspiracy theories - 15 May 09

    wert noch mal drch die abschriften von cheneys reden zu gehen, nochmal gegenlesen und ein paar kommata verschiebe, linke studiosos interpretieren doch sonst alles hinundher.

    büüdeeh !

  • JB
    Joachim Bovier

    Das Ende vom Anfang Obamas

     

    Nach der verlorenen Präsidentschaftswahl vom vergangenen November ist die Republikanische Partei allzu lang desorientiert und konzeptlos der Politik von Präsident Obama begegnet, schwankend und mit erkennbarer Tendenz zur Anpassung an die vermeintlich neue Zeit.

     

    Nun fasst sie langsam wieder Tritt. Dem früheren Vizepräsidenten Cheney ist es nun gelungen, in der Frage von Terrorbekämpfung und Nationaler Sicherheit eine der illusionistischen Lebenslügen der neuen Administration augenfällig als weltfremd naiv und gefährlich zu offenbaren. Dermassen realitätsfern, dass selbst die Senatoren von des Präsidenten eigener Partei die praktischen Konsequenzen fürchten und nicht bereit sind, bisherige Guantanamo-Häftlinge auf amerikanischem Boden zu dulden.

     

    Die Demokratischen Kongreßmitglieder haben ihrem Präsidenten spektakulär die Gefolgschaft versagt und eine peinlich herbe Niederlage bereitet. Das gilt insbesondere, weil die Behandlung Terrorverdächtigter im Wahlkampf einen der populistischsten Angriffspunkte gegen die frühere Bush-Administration darstellte, mit dem der Amtsvorgänger pauschal mit dem erhobenen moralischen Zeigefinger pauschal abqualifiziert wurde.

     

    Die jetzt erfolgte 90 zu 10 Niederlage im Senat kann daher in ihrer Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden: nach europäischen Masstäben wäre den Rücktritt des Präsidenten unvermeidlich. Auch wenn das nicht geschehen wird, so ist doch eine neue Situation geschaffen: der alte Haudegen Cheney hat seinen Republikanern erkennbar die Offensive zurück erobert. Täuschen wir uns nicht, das ist noch längst nicht das Ende des vermeintlichen Heilsbringers, es ist noch nicht einmal der Anfang von Ende, aber es ist das Ende vom Anfang. Obamas Ablösung 2012 ist möglich, das aber heißt Konfrontation in harter Oppositionarbeit - aber es ist zu schaffen.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Toll, diese schamlose Nummer hätte hätte Cheney keiner zugetraut. Nützen wird es allerdings nichts. Der eigene Staatshaushalt wird die Amerikaner erneut zwingen sich aus Afghanistan und dem Irak davon zu stehlen. Es wird ein würdeloser Abzug sein. Amerikanische Demokraten und Republikaner haben in der Bush- Ära gemeinsam das Rest- Ansehen der USA zerstört, indem sie fast alle Menschenrechte pervertiert haben. Gemeinsam haben sie die Vorwände getragen, um Afghanistan und den Irak anzugreifen. Ergebnis: Vor dem Angriff waren die Ex-US- Waffenbrüder "Taliban" fast am Ende.Jetzt erfreuen sie sich großer Beliebtheit. Mehr als eine Million tote Irakis stehen neben 5.000 toten Amerikanern in der bisherigen Bilanz des Irak- Krieges. Dessen Grundstory baut auf dem 11.September auf. Auch hier häufen sich die Widersprüche nun schon eklatant. Obama wird die gesamte US- Army brauchen, um seine Amtszeit zu überleben. Er wird sich auch vor seinen "Demokraten" schützen müssen. Es ist sehr traurig, ansehen zu müssen, wie eine Weltmacht der Menschenrechte an der Gier ihrer politischen Eliten verkommt.