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Schlick Die alten Feindschaften zwischen Landbevölkerung und Naturschützern sind überwunden – trotzdem ist nicht alles eitel Freude im Wattenmeer. Ein Schwerpunkt zum 30. Geburtstag des Nationalparks in Schleswig-Holstein ▶ Schwerpunkt SEITE 43–45Watt nu?

Foto: Daniel Reinhardt / dpa

Interview Sven-Michael Veit

taz: Herr Förster, vor 30 Jahren wurde der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer gegründet. Was ist denn an dieser schlickigen Einöde so besonders?

Harald Förster: Dass es eben keine schlickige Einöde ist, sondern ein weltweit einzigartiges Biotop. Speziell für den Vogelzug ist das Watt eine der wichtigsten Rast- und Nahrungsplätze auf diesem Planeten.

Harald Förster

51, Ausbildung als Gärtner, Studium der Forstwissenschaften und Tropischer Forstwirtschaft, danach elf Jahre als Wildbiologe in Namibia. Seit 2008 Geschäftsführer der Schutzstation Wattenmeer in Husum.

Seehunde gibt es auch, die sind ja auch ganz putzig. Aber wozu sind Wattwürmer nutze?

Eben genau dafür. Das Watt ist ein einziger großer Organismus, in dem Wattwürmer und Seehunde ihren speziellen Platz haben. Nur so funktioniert das Gesamtkunstwerk, und deshalb muss es in seiner umfassenden Komplexität geschützt werden. Und schön ist es nebenbei auch noch.

Es gab viele Konflikte. Fischer und Jäger sahen sich entrechtet, Hoteliers befürchteten, ihre Touristen dürften nicht mehr an den Strand ...

Das ist lange her, und wenig davon hat sich bewahrheitet. Außerdem gab es einen Wandel in der Einstellung zum Nationalpark. Heute wird niemand mehr ernsthaft die Jagd im Wattenmeer fordern.

Die Streitigkeiten von früher sind beigelegt?

Die meisten. Es gibt keine grundsätzlichen Konflikte mehr, aber immer wieder mal Diskussionen. Zum Beispiel über Befahrensregeln für Kite-Surfer und Jet-Skis. Diese Trendsportarten gab es vor 20 Jahren noch gar nicht, da müssen wir die Regeln anpassen, um vor allem Brutgebiete zu schützen.

Aber es gibt auch Schutzzonen, die der Mensch nicht nutzen und nicht einmal betreten oder befahren darf.

Das ist Sinn und Zweck eines Nationalparks, dass der Mensch aus einigen Gebieten ausgeschlossen wird. Sonst könnte sich die Natur dort nicht ungestört entwickeln.

So wie das Walschutzgebiet vor Sylt und Amrum?

Ja. Das ist das einzige Gebiet, in dem die Schweinswale noch weitgehend störungsfrei leben können. Weiter draußen entstehen die Offshore-Windparks, da ist viel Lärm. Deshalb ist so eine Schutzzone für diese Meeressäuger, in der sie ihren Nachwuchs aufziehen können, ungeheuer wichtig.

Trotzdem sollen noch mehr Touristen ins Watt kommen.

Wir nehmen die Touristen an die Hand und führen sie ins Watt. Wir wollen vor allem bei Kindern ein Bewusstsein für die Schönheit und den Wert dieser einmaligen Landschaft schaffen.

Hat die Anerkennung des Nationalparks als Unesco-Weltnaturerbe etwas gebracht, oder ist das nur ein Etikett?

Dieser Status nützt in erster Linie dem Nationalpark und schafft langfristig noch mehr Akzeptanz. Darüber hinaus nützt er den Küstenbewohnern wirtschaftlich. Der neue Status ist mit Anforderungen an sanften Tourismus verbunden, und der fängt schon damit an, nicht mit dem Auto anzureisen und an den Strand fahren zu wollen. Stattdessen gibt es Anstrengungen, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen, Leihräder zu nutzen und anderes. Somit fördert diese Auszeichnung den Naturschutz.

Dennoch scheint das Wattenmeer keine große Zukunft zu haben, es ist durch den Klimawandel und steigende Pegel bedroht. In 100 Jahren ist es weg, oder?

Ich denke nicht. Sicher müssen wir jetzt Strategien entwickeln, um dem Anstieg des Meeresspiegels zu begegnen. Zum Beispiel durch Sandeinlagerungen an bestimmten Stellen, so dass die Strömungen den Sand so verteilen, dass das Watt wächst. Da sind viele Ideen in der Entwicklung. Auf den Halligen muss über weitere Maßnahmen nachgedacht werden, damit sie nicht untergehen, vielleicht höhere Sommerdeiche.

Mit Deichen wären sie aber keine Halligen mehr.

Überflutung wäre keine Alternative.

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