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Schleswig-Holsteins SozialdemokratenNord-SPD sucht den Superkandidaten

Parteichef Stegner oder der Kieler Bürgermeister Albig? Nach dem Schaulaufen in verschiedenen Städten stimmt nun die Basis ab. Die öffentliche Kandidatenkür wird als Erfolg gewertet.

Gruppenfoto in Tarp: Die vier Kandidaten für die Spitzenkandidatur der SPD zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein, (v. l. n. r.) Matthias Stein, Torsten Albig, Brigitte Fronzek und Ralf Stegner. Bild: dpa

TARP/KIEL taz | Sie haben sich lieb, die vier auf dem Podium. Zwar konkurrieren sie miteinander, schließlich wollen sie, die Frau und die drei Männer, die SPD Schleswig-Holstein in die nächste Landtagswahl führen.

Aber an diesem Abend, im "Landgasthof" in Tarp bei Flensburg, als sie sich zum 16. Mal gemeinsam Parteimitgliedern und Gästen präsentieren, fallen ihnen doch Komplimente für die jeweils übrigen ein: "Seinen Witz, seine Ironie" mag Brigitte Fronzek, Bürgermeisterin in Elmshorn, an Landespartei- und Fraktionschef Ralf Stegner. Der lobt den Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig für seine Treue zum Fußballverein Arminia Bielefeld. Alle bewundern Mathias Stein, den Betriebsrat aus Kiel, für sein Durchhaltevermögen. Stegner und Albig finden, dass Fronzek klug und offen ist.

Seit November touren die vier durch Schleswig-Holstein, halten Bewerbungsreden, beantworten Fragen. Am Ende der Reihe steht fest: Das Kandidaten-Casting, das im Herbst wie eine Verlegenheitslösung aussah, ist ein Erfolg. Alle Veranstaltungen waren gut besucht, 5.000 Menschen hörten zu. Allerdings ist offen, wen die 20.000 SPD-Mitglieder auf Platz eins der Landesliste setzen wollen. Darüber wird nun per Briefwahl abgestimmt, ausgezählt wird Ende Februar. Gibt es keinen klaren Sieger, findet eine Stichwahl Ende März statt. Rechtlich bindend ist die Abstimmung nicht, da nur ein Parteitag einen Kandidaten küren darf. Doch ausgemacht ist, dass sich nur der Gewinner zur Wahl stellen wird.

In mehreren Orten fanden Probeabstimmungen statt. Sie ergaben eine dünne Mehrheit für Landeschef Stegner, den Bekanntesten des Quartetts. Den klarsten Sieg feierte er in Lübeck: Die finanziell klamme Hansestadt grollt der schwarz-gelben Landesregierung, die die Uni schließen und den städtischen Haushalt nicht genehmigen wollte - beste Voraussetzungen für den 51-jährigen Parteilinken.

Bei den Probeabstimmungen knapp hinter ihm liegt Torsten Albig. Während Mathias Stein, 40, der einzige Politlaie, nur vereinzelt Stimmen erhielt, startete Brigitte Fronzek, 58, die im Dezember gesundheitlich angeschlagen war, zuletzt durch und gewann im Kreis Segeberg. "Man weiß nie, wie es ausgeht", sagt Fronzek. "In der Partei tut sich mehr, als Medien wahrnehmen."

Auf jeden Fall sei die öffentliche Kandidatenkür "eine Werbung für die Politik und für alle vier Kandidaten", sagt Ralf Stegner. Er hatte das Verfahren vorgeschlagen, nachdem Torsten Albig sich um das Spitzenamt bewarb. Wirtschafts- und Steuerexperte Albig war lange für die SPD auf Bundesebene tätig gewesen, zuletzt als Sprecher des Finanzministers Peer Steinbrück. 2009 jagte der 47-Jährige der CDU das Bürgermeisteramt in Kiel ab. Dass er keine zwei Jahre später ins nächste Amt strebt, hält Stegner seinem Hauptkonkurrenten vor. Albig entgegnet: "Ein Leben entsteht nicht am Reißbrett. Die Wahl ist nun mal jetzt, nicht irgendwann." ESTHER GEISSLINGER

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5 Kommentare

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  • W
    Waage

    Peter Harry Carstensen hat einen super Vornamen, ist Diplom-Agraringenieur, hat einen Bart, ist Windkraft-Freund und sammelt die in Hohenlockstedt hergestellten Feuerhand Sturmlaternen.

     

    Das sind dann gleich fünf Sachen die man in Schleswig-Holstein parteiübergreifend erstmal ganz sympathisch findet.

     

    Herr Stegner trägt dagegen eine SPD-rote Fliege, ist verbalradikal (ansonsten aber sehr geschmeidig) und weiß (hinterher) alles besser.

     

    Tja, so ist das halt, bei der guten alten SPD mit ihren vielen netten einfachen Mitgliedern stinkt der Fisch eben immer vom Kopf...

  • R
    Realist

    Wahnsinn das so ein Negativtyp überhaupt noch in führenden Ämtern ist. Ein Kandidat Stegner wäre doch ein weiterer politischer Selbstmord der Nord-SPD. Stegner weiss mit seiner berechnenden Art wie man maximal interne Parteiwahlen gewinnt, er ist aber medial so erledigt das er ausserhalb der SPD niemanden mobilisert. Wir kennen keinen privat mehr der die SPD unter Stegner nochmal wählen würde

  • P
    Pragmatiker

    Die Rechnung ist ganz einfach: Wer kann die über 2 Millionen Wähler in Schleswig Holstein motivieren die SPD zu wählen? Stegner garantiert nicht Dafür sind die Analysen und Fakten dazu zu eindeutig. Der Typ hast es sogar geschafft sich Feinde unter politischen Freunden und möglichen Koalitionspartner zu schaffen. Laut Mathematik ist eine SPD mit einem Kandidat Stegner unwählbar!

  • AM
    Arnulf Meisenkothen

    Die Nord-SPD wird es - mittels Stegeners Intrigen - schaffen, mit ihm wieder einen Kandidaten aufzustellen, der für breite Bevölkerungsteile nicht wählbar ist.

     

    Die lachenden Dritten sind Käptn Iglu, von Bötticher und deren schwarz-gelbe Gurkentruppe.

  • M
    Moritz

    Die Truppe braucht doch gar keine Kandidaten mehr. Wer wählt denn noch SPD? Diese Partei mit ihrer Agenda 2010, Rente mit 67, Afghanistankrieg und Sarrazin+Püschel hat jede Sympathie verloren.