Schlechte Bilanz der IGS 2013: Gartenschau im Sommerloch

Schwache Besucherzahlen der Internationalen Gartenschau bescheren Hamburg ein Haushaltsloch von 37 Millionen Euro. Schuld daran hat nur das Wetter.

Hätten mal besser ihre ganzen Freunde mitgebracht: Besucher der Internationalen Gartenschau (IGS). Bild: dpa

HAMBURG taz | Sie sahen aus, als würden sie gerade zur Schlachtbank geführt. Während bei sonnigem Herbstwetter die letzten Besucher über das Gelände der Internationalen Gartenschau (IGS) schlenderten, zog in der großen Blumenhalle ein Quartett mit getrübten Mienen Bilanz der IGS, die am gestrigen Sonntag in Wilhelmsburg ihre Pforten schloss. Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD), IGS-Geschäftsführer Heiner Baumgarten, Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter und Jochen Sandner, Geschäftsführer der Deutschen Bundesgartenbaugesellschaft einigten sich dabei auf einen gemeinsamen Tenor: Die Gartenschau war klasse, doch niemand hat’s gemerkt.

Die Zahlen die die Vier zu verkünden hatten, waren noch desaströser als erwartet. Dass die frühere Prognose von 2,5 Millionen Besuchern der IGS einen ausgeglichenen Haushalt bescheren sollte, weit verfehlt wird, war längst klar. Nur 1,25 Millionen verkaufte Eintrittskarten und ein Defizit von 25 Millionen Euro lauteten die Hochrechnungen der vorigen Woche, die es nun noch einmal nach unten zu korrigieren galt: Die Millionengrenze ist nur knapp übersprungen worden, ihr Defizit wird nun bei bis zu 37 Millionen Euro liegen. Damit dürfte die Wilhelmsburger IGS als die am schlechtesten besuchte aller Zeiten in die Geschichte der Gartenschauen eingehen.

Ursachenanalyse? Fehlanzeige! „Wir müssen uns noch Klarheit schaffen, woran das lag“, sagt Heiner Baumgarten – obwohl sich schon vor Monaten der schwache Besucherzustrom abzeichnete. Die „Preisdiskussion“ habe der IGS geschadet, glaubt Baumgarten, während Jutta Blankau die Schuld beim schlechten Wetter in der IGS-Startphase und der Konkurrenz durch Großevents wie Hafengeburtstag und Kirchentag sucht. Auch Jochen Sandner ist ratlos: „Wir alle verstehen nicht, warum es nicht mehr Besucher hergezogen hat.“

Die Internationale Bauausstellung und die Internationale Gartenschau 2013 wurden von Senat und Bürgerschaft geplant, um Wilhelmsburg aus seinem Aschenputtel-Dasein zu erlösen.

Sprung über die Elbe: Beide Ausstellungen sollten helfen, die Stadtentwicklungschance zu nutzen, die sich auf der Elbinsel bietet. Die Idee ist, die Stadt in ihrem faktischen, wenn auch nicht gefühlten Zentrum wachsen zu lassen.

Die Ausstellungen: Eine Internationale Bauausstellung ist ein Novum in Hamburg. Gartenschauen hat die Stadt mehrfach ausgerichtet.

1869 wurden im Zuge der ersten Internationalen Gartenbauausstellung die alten Verteidigungswälle in einen Park verwandelt.

1935 entstand durch die Gartenschau der Park Planten un Blomen.

1953, 1963 und 1973 jagte eine IGS die andere. Dabei wurde Planten und Blomen jeweils neu gestaltet und erweitert.

Verantwortung für das 37-Millionen-Loch aber will niemand übernehmen. „Mehrere Senate und alle Parteien“ hätten die IGS begrüßt und geplant, erinnert Blankau. Statt sich mit dem Millionen-Minus zu befassen, schaut die Senatorin lieber nach vorn: „Hier wurden enorm viele Werte geschaffen, der Erfolg des Projekts ist nicht nach Monaten, sondern nach Generationen zu bewerten“, glaubt die Senatorin. Denn der Park, der hier für die Wilhelmsburger entstanden sei und ab dem heutigen Montag weitgehend frei zugänglich ist, ergänzt Baumgarten, sei „auf hundert Jahre angelegt“. Für seine Pflege sind für 2014 bislang 1,4 Millionen Euro eingestellt.

Während die SPD-Bürgerschaftsfraktion ihre Senatorin in Schutz nahm und betonte, „einseitige Schuldzuweisungen“ seien „fehl am Platze“, nahmen die Grünen und die Linken die zukünftige Entwicklung in den Blick. Die Grünen wollen durch die zügige Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße, einen verringerten S-Bahn-Takt und eine Stadtbahn-Linie über die Elbbrücken, die Attraktivität des Parks erhöhen und diesen verkehrstechnisch besser anbinden. Die Linke hingegen fordert ein Tempolimit auf der Wilhelmsburger Reichsstraße und ein langfristiges Finanzkonzept für die Pflege des neuen Parks.

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