Schlaues zur Fußball-EM: „Die Zopftante ist auch nicht koscher“
Mitreden, obwohl ich keine Ahnung habe: 20 schlaue Sätze für den Smalltalk zur Fußball-EM – auch wenn Sie das Ganze nicht die Bohne interessiert.
1. Die Spanier sind nicht mehr unschlagbar.
Unschlagbar war noch nie einer, nicht mal die Ungarn der fünfziger Jahre, denn irgendwann findet sich immer einer, der aus dem Hintergrund schießt. Das gilt auch für die Spanier, die bei der WM 2010 ihr Auftaktspiel gegen die Schweiz sogar verloren haben. Aber mit diesem Satz zeigen Sie, dass Sie Durchblick haben und nicht zum ersten Mal Fußball gucken.
2. Dass die Spanier (Griechen, Italiener) gerade andere Sorgen haben, spricht nicht gegen, sondern für den Fußball.
Ist wirklich so. Außerdem beweisen Sie damit, dass Ihnen das Schicksal der Spanier, Griechen, Italiener wirklich am Herzen liegt und Sie darin nicht bloß eine Bestätigung sehen: Dass die Schere zwischen Arm und Reich auseinander klafft, das Klima auch schon besser war und überhaupt alles immer schlimmer wird.
3. Die Italiener haben Eier.
Affären, Wettskandale, egal. Klar sind die Italiener lässig, sonst wären sie ja keine Italiener. Und klar haben sie Eier. Wäre auch merkwürdig, wenn sie welche legen würden.
leitet das EM-Team der taz.
4. Das Schland-Thema ist durch.
Ja, Özil spielt für Deutschland; ja, es weht Schwarz-Rot-Gold, ohne dass ein Viertes Reich droht. Das kann man gut oder doof finden. Ein Grund, jahrelang dasselbe zu diskutieren, ist das aber nicht.
5. Das Paul-Thema ist durch.
Und wie. Die Krake war schon albern, hatte aber immerhin recht. Immer. Seine Nachfolgerviecher sind nicht nur albern, sondern haben auch keine Ahnung. Nie.
6. Wer vorne spielt, hängt von der Taktik und dem Gegner ab.
Sie vermeiden Festlegungen – Gomez oder Klose? van Persie oder Huntelaar? –, die sich schon beim nächsten Spiel als falsch erweisen könnten. Außerdem beweisen Sie, dass sie sich die Debattenthemen nicht von der Bild-Zeitung diktieren lassen. (Gilt übrigens auch für 4.)
7. Rassismus ist ein Problem bei dieser EM.
Stimmt: Die Uefa ermittelt gegen den russischen und den spanischen Verband wegen Schmährufen der Fans gegen den Tschechen Theodor Gebre Selassie bzw. den Italiener Mario Balotelli. Vielleicht sollte sie Balotelli einfach mal in die Kurve schicken, er wüsste das Problem sicher eigenhändig zu erledigen.
8. Ich finde Mehmet Scholl gut.
Jeder ist besser als Günter Netzer, der in den letzten Jahren mit seiner eitlen Onkelhaftigkeit nur noch genervt hat.
9. Ich finde Oliver Kahn gut.
Noch besser: Das ist mutig, nonkonformistisch, geradezu waghalsig. Aber nicht falsch (siehe 6.).
10. Ich finde Katrin Müller-Hohenstein nicht gut.
Irgendwann ist auch gut mit der Gutfinderei.
11. Die Engländer haben endlich einen richtigen Torhüter.
Kein Scherz. Er spielt auch nicht bei den Wolverhampton Wanderers, sondern beim englischen Meister Manchester City. Die Tommys werden sich also eine neue Ausrede überlegen müssen.
12. Da müsste mehr über die Flügel kommen.
Da kann nie genug kommen, über die Flügel.
13. Die stehen taktisch gut.
Diesen Taktikkram versteht eh keiner. Hauptsache, Sie stehen gut da.
14. Der Dortmunder Block bei den Polen ist schon stark.
Okay, sie kaschieren, dass sie die übrigen Polen nicht kennen. Aber Dieserowski und Jenerowski sind tatsächlich nicht so gut wie Lewandowski und Błaszczykowski.
15. Ein Vokal würde dem Spiel guttun.
Witze über Fußballphrasen sind so abgelutscht wie die Phrasen selbst. Erlaubt hingegen: Variationen. Zum Beispiel diese zu einem möglichen Halbfinale Polen-Kroatien.
16. Holland spielt so wie Deutschland früher.
Stimmt. Könnte aber schwierig werden, wenn die Deutschen plötzlich auch wieder wie die Deutschen früher spielen. Und das auch noch gegen die Holländer.
17. Die mit dem komischen Zopf ist auch nicht ganz koscher.
Sie offenbaren zwar, dass Sie keinen blassen Schimmer von der ukrainischen Innenpolitik haben. Da Ihr Gegenüber aber ebenso wenig Ahnung hat, ist das Thema schnell erledigt und Sie kommen wieder zum Wesentlichen.
18. Das wird die EM der alten Männer.
Schewtschenko, Pirlo, vielleicht bald auch Klose. Klingt besonders gut bei Männern über 35.
19. Das wird die EM der jungen Männer.
Hummels, Dzagoev, vielleicht bald auch Reus. Klingt besonders gut bei Frauen über 35.
20. Public Viewing ist nicht so mein Ding.
Meint dasselbe wie „Ist was für Idioten“, hört sich aber weniger hausmeisterhaft an, fast nett.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“