Schlankheitskur bis zum Exitus

■ Der Betriebsrat von Waggonbau Bautzen gibt nichts mehr auf Versprechnungen

Unter den DemonstrantInnen vor dem Dresdner Flughafen stehen auch einige hundert KollegInnen aus dem Waggonbau Bautzen. Einst DDR-Spitzenbetrieb mit hohem Exportanteil in die sozialistischen Bruderstaaten, aber auch in das sogenannte „nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet“, war dieser Betrieb noch vor kurzem in den Schlagzeilen: als Musterbeispiel für den industriellen Aufschwung Ost.

Gerd Kaczmarek, Betriebsratsvorsitzender von Waggonbau Bautzen, mahnt auf seinem Transparent: „Herr Krause, wo bleiben die versprochenen Aufträge?“ Bundesverkehrsminister Krause (CDU) hatte den Bautzenern wie auch dem Waggonbau Görlitz in einer politischen PR-Aktion Aufträge für die Bundesbahn zugesagt. „Aufträge für Inter-Regio-Wagen, die bei der Firma PFA Weiden in Bayern gefertigt werden, sollten nicht mehr an Billiglohnländer, sondern zu 50 Prozent nach Sachsen gehen“, habe es damals geheißen. „Übriggeblieben ist von der Zusage nicht viel. Wir machen keine kompletten Wagen, sondern nur das Grobe. Die Tschechen bekommen die Dreckarbeit, wir das Grobe, und die richtige Arbeit wird in Bayern gemacht.“

Von früher 3.000 Beschäftigten sind noch 1.000 geblieben. Dieser Tage hörte der Betriebsrat aus dem Unternehmensvorstand von einem Plan, den Waggonbau auf einen „schlanken Straßenbahnbaubetrieb“ herunterzuhungern. „Was darunter zu verstehen ist, unterliegt noch der Spekulation“, meint der Bautzener Konstrukteur Dieter Lange. Tatsache sei, daß der Betrieb mit Hilfe der Landesregierung sein Profil gefunden habe. Sachsen fördert die Straßenbahnrekonstruktion für Dresden, ein Düsseldorfer Partner ist eingestiegen; Aufträge für Rohbauten und Neubauten von Straßenbahnen liegen vor. „Das klingt nach sehr viel“, räumt Kaczmarek ein, „aber damit ist nur der halbe Betrieb beschäftigt.“ Ohne die versprochenen Aufträge aus dem Bundesverkehrsministerium sei mindestens die Hälfte der Belegschaft nicht zu halten. „Es sieht so aus“, vermutet er, „daß wir aus strukturpolitischen Gründen dichtgemacht werden sollen.“

„Ist die Idee, einen Betrieb zu schließen, erst mal da...“

Gerd Kaczmarek erläutert die Philosophie des Protestes seiner KollegInnen gegen derartige Kabinettstücke: „Wir waren schon mehrfach auf der Straße und haben den Betrieb damit immer wieder ein Stückchen gerettet. Das heißt aber nicht, daß wir gewonnen haben. Ist die Idee, einen Betrieb zu schließen, erst mal da, dann taucht sie immer wieder auf. Was ist denn heute das Wort eines Vorstandes schon wert, der verspricht, es bleiben soundsoviele Leute an ihren Arbeitsplätzen?“

Vielleicht sind Kaczmarek und seine Waggonbauer nächste Woche in Bonn. Hasso Düvel, Bezirkssekretär der IG Metall, hat sie und die anderen DemonstrantInnen eingeladen, den Ministerpräsidenten zu begleiten. „Damit die dort mal exklusiv zu hören bekommen, was wir eigentlich wollen“ — damit nicht alle Schlankheitskuren bis zum Exitus durchgezogen werden.