Schlamperei in Wandsbek: Akten sind doch altmodisch

Die Linke in Wandsbek wirft Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhoff (SPD) vor, Entscheidungsprozesse nicht zu dokumentieren und so gegen das Gesetz zu verstoßen

Im Frühjahr begann der Bezirk mit Fällarbeiten in Steilshoop. Warum die Bäume weg sollen, ist nicht nachvollziehbar. Foto: Kaija Kutter

HAMBURG taz | Die Linke wirft dem SPD-geführten Bezirksamt Wandsbek vor, in der Verwaltung zu schlampen. „Das Bezirksamt führt offenbar in einer Vielzahl von Verwaltungsvorgängen keine Akten und verstößt damit gegen die Aktenordnung für die Bezirksämter“, schreibt Bezirksfraktionschef Julian Georg in einer Fachaufsichtsbeschwerde an Staatsrätin Elke Badde (SPD). Damit werde es für die Bezirksversammlung unmöglich, das Handeln der Verwaltung zu überwachen und nachzuvollziehen.

Auslöser für den Vorwurf ist ein Streit um Baumfällungen in Steilshoop (taz berichtete). Die Bezirksversammlung hatteAkteneinsicht beantragt. „Wir wollten überprüfen, ob die Bäume rechtmäßig gefällt wurden, aus welchen Gründen, und ob die Baumschutzverordnung eingehalten wurde“, sagt Linken-Fraktionschef Georg.

Bis die Abgeordneten die Akten einsehen konnten, sei fast ein Monat vergangen, sagt Georg. Bei der Einsicht habe sich der Eindruck aufgedrängt, „dass in erheblichem Umfang relevante Dokumente fehlten“. Das habe sich daran gezeigt, dass an andere Stelle auf diese Bezug genommen worden sei. Außerdem endeten die Akten mit dem Hinweis, dass eine Entscheidung über die Fällung getroffen werden müsse.

Das Bezirksamt hat eine Entscheidung getroffen, die aber wegen einer Petition von Bürgern bis zum Wiederbeginn der Fällsaison im Oktober ausgesetzt wurde. Ein Protokoll zum Wie und Warum der Entscheidung hat das Bezirksamt jedoch nicht vorgelegt. Das verstoße gegen die Aktenordnung, sagt Georg. Und die Baumschutzverordnung schreibe vor, „dass eine Abwägung zu machen ist“.

Auf Georgs Vorhaltungen habe Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhoff (SPD) mitgeteilt, dass eine „traditionelle Aktenführung“ nicht mehr zu leisten sei und das Bild der Verwaltung „von vor zehn Jahren“ widerspiegele. Georg geht deshalb davon aus, dass die lückenhafte Aktenführung vom Bezirksamtsleiter wenn nicht angeordnet, so zumindest geduldet wurde. „Wenn das so ist, ist es nicht in Ordnung“, findet auch Eckard Graage, Fraktionschef der ebenfalls oppositionellen CDU.

Das Bezirksamt will sich wegen des laufenden Verfahrens nicht zu der Sache äußern. Auch die Aufsicht führende Finanzbehörde bestätigt nur den Eingang der Beschwerde. Dagegen hat das Staatsarchiv, das die Behörden bei der Verwaltung ihrer Unterlagen beraten soll, schon Anfang vorigen Jahres in einer „Handreichung für Führungskräfte“ seine Sorgen geäußert: In vielen Bereichen der hamburgischen Verwaltung sei das Wissen um eine ordnungsgemäße Aktenführung verloren gegangen. „Wo dieses Wissen noch vorhanden ist, konkurriert es mit der vermeintlich modernen Auffassung, die Einführung IT-gestützter Systeme mit ihren Suchfunktionen würde die bestehenden Probleme gleichsam ,von allein‘ beheben“, heißt es in dem Papier.

Pi-mal-Daumen-Entscheidungen darüber, was aktenwürdig ist, hält das Staatsarchiv für unzulässig. „Anders als das viele Beschäftigte wünschen, kann die Frage nach der Aktenrelevanz nicht mit einem einfachen ,ja‘ oder ,nein‘ beantwortet werden“, mahnen die Archivare. Auch eine SMS oder E-Mail sei aktenrelevant, wenn sie sich eindeutig einem Schritt eines Entscheidungsprozesses zuordnen lasse.

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