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Schlammschlacht um Papagei

■ Wie Politikverdrossenheit inszeniert wird: Regine Hildebrandt und Heinrich Lummer diskutieren mit Schauspieler Harald Juhnke über dessen jüngsten Film

Prenzlauer Berg. Als Regine Hildebrandt nach fünf Minuten ihr Mikrofon vom Tisch riß, es mit beiden Händen umklammerte und fortan nicht mehr losließ, war klar, daß die Diskussion ohne Überraschungen verlaufen würde: Heiner Lummer und die Ministerin begannen, sich wüst anzuschreien. Im Rio-Kino sollten die beiden am Sonntag anhand des Filmes „Der Papagei“ über Politikverdrossenheit und Demagogie diskutieren und verdrossen dabei die Hälfte des Publikums ebenso wie Hauptdarsteller Harald Juhnke, der mit vielen Zuhörern vorzeitig die Veranstaltung verließ.

Auf die Kino-Geschichte von dem heruntergekommenen Schauspieler, der von einer rechtsextremen Mini-Partei zum Spitzenkandidaten aufgebaut wird und sie mit schlechten Witzen und platten Sprüchen über die Fünf-Prozent- Hürde bringt, gingen die SPD-Ministerin und der CDU-Bundestagsabgeordnete nur kurz am Anfang ein: Lummer fand sie „amüsant“, für Hildebrandt war das Gezeigte „eine ganz schlimme Sache“. Umstritten war vor allem die Frage, wie weit der Film die Realität widerspiegelt. „So doof sind die deutschen Wähler nicht“, sagte Lummer. „Die fallen nicht auf solche Demagogen rein.“ Auch die „Republikaner“ würden nicht aus Überzeugung gewählt, sondern aus Protest gegen die großen Parteien. Nach Ansicht von Regine Hildebrandt gewinnt man dagegen mit „blöden Allgemeinplätzen“ tatsächlich Stimmen — wie man nicht bei Schönhuber, sondern auch bei Kohl im Zusammenhang mit den Versprechungen nach der deutschen Einheit sehen könne.

„Ich glaube, der Film läuft weiter ab“, kommentierte ein Zuschauer die weitere Diskussion, in der Lummer die Frage erörterte, warum die PDS genauso ein „Sauhaufen“ sei wie die „Republikaner“, und Hildebrandt von ihren Erfahrungen mit den „Pfeifen“ von der CDU berichtete. Juhnke spielte unterdessen seine Filmrolle als Alkoholiker weiter.

Unausgesprochene Einigkeit herrschte dagegen zwischen den beiden darüber, daß sich die Kritik, die der Film ausdrückte, nur der jeweilige politische Gegner zu Herzen nehmen müsse. Und Lummer blieb nach eigenen Worten bis zuletzt unklar, warum ausgerechnet er zu der Diskussion eingeladen worden war — obwohl er andererseits trotz Nachfrage keine inhaltlichen Unterschiede zwischen seiner politischen Position und jener der „Republikaner“ nennen konnte.

Erst gegen Ende der Veranstaltung bemerkten die PolitikerInnen, daß die Diskussion mit den zahlreichen jungen ZuhörerInnen eine Chance gewesen wäre, aktiv etwas gegen den Frust an der Politik zu tun. Und so versuchten die Polit-Profis, den entstandenen verheerenden Eindruck mit einem rhetorischen Gegenschlag doch noch positiv zu nutzen: Nur wenn man selbst in die Parteien eintrete, könne man schließlich dafür sorgen, daß sie besser würden. „Ich sehe keine Alternative zu den Parteien“, sagte Lummer. „Deshalb muß man das Beste daraus machen.“ Kein Protest von Hildebrandt: Etwas bewegen könne man nur über die Parteien.

Harald Juhnke hatte das Podium zu diesem Zeitpunkt schon schwankend verlassen. „Es ging eigentlich um meinen Film“, hatte er vorher noch einmal erfolglos eingeworfen. Stefan Niggemeier

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