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Für Polen ist der Weg nach Europa mit Zollkontrollen gepflastert  ■  E U R O M U F F E L

Die Absicht, nun auch für Polen, die nach West-Berlin reisen, die Visapflicht einzuführen, hat in Polen alles andere als Begeisterung ausgelöst. Zu groß ist der Kontrast zu Erklärungen über den Abbau von Visabarrieren für Ungarn und Tschechoslowaken. Deutsche Wiedervereinigung - für Polen eine Aussicht auf weitere Einschränkungen.

Natürlich wissen in Polen alle genau, woher solche Absichten kommen. Es geht ja nicht darum, Geschäftsreisenden, Touristen oder Leuten, die ihre Verwandten besuchen wollen, Steine in den Weg zu legen, sondern um vielleicht sehr zahlreiche, aber immerhin doch nur bestimmte Gruppen von Pseudotouristen, die berufsmäßigen Schwarzhandel mit geschmuggeltem Alkohol, Lebensmitteln, Zigaretten oder Kleidern betreiben. Das Problem liegt darin, wie man an der Grenze die einen von den anderen unterscheiden kann. Wegen der Verfehlungen einzelner kann man nicht allen Polen Kollektivschuld geben.

Trotzdem sind die handelnden Polen natürlich ein Problem für die Westberliner Behörden. Mir scheint jedoch, man kann auch dafür eine Lösung finden, durch entsprechende restriktive Maßnahmen in der Stadt und eine Verstärkung der Grenzkontrollen. Der Handel findet seine klaren Grenzen dort, wo er aufhört, sich zu lohnen. Wenn sich erst einmal herumspricht, daß jegliche Handelsware schlicht beschlagnahmt wird und dem Besitzer eine hohe Geldstrafe oder gar Arrest drohen, wird sich die Zahl der Händler bald der Nullgrenze nähern. Das gleiche gilt für die polnischen Zöllner, die ihre Kontrollen verstärkt haben. Diese Kontrollen waren bisher immerhin erfolgreich genug, um die Österreicher davon zu überzeugen, die angedrohte Visapflicht für Polen doch nicht einzuführen. So könnte man das auch mit Berlin regeln.

Das Problem des Schwarzhandels in West-Berlin wird sich schon in ein paar Tagen ganz von selbst lösen. Wenn die Polen dann etwas für harte DM verkaufen wollen, müssen sie nicht mehr bis nach Berlin fahren. Die Westberliner Behörden sind das Problem dann los. Aber wo werden dann die griechischen, jugoslawischen oder arbeitslosen Berliner Stammkunden unserer Polen billig einkaufen?

Krzysztof Bien

Der Autor ist Chef der wirtschaftspolitischen Abteilung der polnischen Regierungszeitung 'Rzeczpospolita‘ (Die Republik)

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