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Schlag gegen Kinderporno-Netzwerk„Eine der größten Pädophilie-Plattformen der Welt“

Europol-Ermittlungen um eine Darkweb-Site führten bislang zu 79 Festnahmen. Rund 1.400 Personen stehen noch im Visier der Behörden.

In einer gemeinsamen Aktion von Polizei und Staatsanwaltschaft mit Partnern aus über 30 Ländern ist ein Schlag gegen Tatverdächtige auf vier Kontinenten gelungen Foto: Sven Hoppe/dpa

AMSTERDAM taz | Der europäischen Polizeibehörde Europol ist ein bedeutender Schlag gegen Kinderpornografie gelungen. Wie am Mittwoch bekannt wurde, fanden in weltweit 35 Ländern ab Mitte März Festnahmen und Hausdurchsuchungen statt. Demnach sitzen 79 Verdächtige in Gewahrsam, wobei es sich um Personen handelt, die Kinderpornografie sowohl verbreitet als auch produziert haben sollen.

Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht die Website „KidFlix“, auf der rund 1,8 Millionen Personen Zugang zu 91.000 Videos hatten. Die Website, auf der insgesamt 6.288 Stunden illegales Filmmaterial zu sehen war und im Schnitt stündlich mindestens drei Videos veröffentlicht wurden, ist inzwischen offline; ihr „krimineller Inhalt“ vom bayerischen Landeskriminalamt im Auftrag der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg konfisziert, wie ein Screenshot in niederländischen Medien zeigte.

Der Server der Website, deren User gegen Bezahlung Videos downloaden konnten, aber auch selbst streamen und anbieten, stand in den Niederlanden. Beteiligt an der von Europol koordinierten Aktion waren auch die niederländische Staatsanwaltschaft und Polizei. Letztere veröffentlichte am Mittwoch ein Statement. Demnach ließen sich durch die Ermittlungen auf deutscher Seite im Zusammenarbeit mit Europol weltweit mehr als 1.400 „KidFlix“-User anhand von Zahlungsverkehr-Analysen identifizieren. Das Team zur Bekämpfung von Kinderpornografie und Kindersextourismus (TBBK) der niederländischen Polizei habe dann am 11. März „die Darkweb-Plattform offline gesetzt“.

Größte Operation gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern in der Geschichte von Europol

In einer Erklärung von Europol hieß es am Mittwoch, es handele sich um „eine der größten Pädophilie-Plattformen der Welt“. Die Logins der Verdächtigen auf der 2021 „von einem Cyber-Kriminellen, der riesige Profite damit machte“ gestarteten Site seien zwischen April 2022 und März 2025 registriert worden. Manche der bisher Festgenommenen hätten das beschlagnahmte Material nicht nur konsumiert oder hochgeladen, sondern auch selber Kinder missbraucht. Bezahlt worden sei für den Zugang zu den Videos in Krypto-Währungen.

Laut Europol gehen die Ermittlungen unterdessen weiter. Bislang seien mehr als 3.000 elektronische Geräte konfisziert worden. 39 Kinder konnten „geschützt“ werden. Offenbar handelt es sich um die größte Operation gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern in der Geschichte von Europol. „Die digitale Dimension hat zu einer rasanten Entwicklung der sexuellen Ausbeutung von Kindern im Internet geführt und bietet Tätern eine grenzenlose Plattform“, so Catherine De Bolle, die Direktorin der in Den Haag ansässigen Europäischen Polizeibehörde. „Manche versuchen, dies als rein technisches oder Cyber-Problem darzustellen – doch das ist es nicht. Hinter diesen Verbrechen stehen echte Opfer, und diese Opfer sind Kinder.“

Für Magnus Brunner, EU-Kommissar für Inneres und Migration, zeigt „die Zerschlagung dieses kriminellen Netzwerks den Mehrwert, den EU-Agenturen wie Europol bieten“. Da Kriminelle grenzüberschreitend agieren, müssten auch Er­mitt­le­r*in­nen bei grenzüberschreitendem Vorgehen unterstützt werden.

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5 Kommentare

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  • Der Begriff "Pädophilie" ist irreführend und ein Euphemismus aus der Zeit, in der sexuell motivierte Kriminalität an Kindern noch nicht ausreichend sanktioniert war. Wörtlich heißt "Pädophilie" Freundlichkeit gegenüber Kindern. Der deutsche Übersetzer der "Orthopédie" hat sich deswegen 1744 das Pseudonym "Philopaidon" gegeben um auf das Anliegen einer kindgerechten Medizin hinzuweisen, was dann später als "falscher Freund" benutzt wurde. Wir können und sollen heute ganz direkt beim Namen nennen was es ist : Pädosexuelle Kriminalität . "Eine der größten Plattformen pädosexuell Krimineller der Welt ausgehoben" . Denn die wirklichen Kinderfreunde wollen damit überhaupt nicht verwechselt oder sonstwie verdächtigt werden können.

    • @Hans - Friedrich Bär:

      Man kann auch einfach sagen: "Eine der größten Plattformen der Welt des sexuellen Kindes-Missbrauchs ausgehoben"



      Es tut mir leid, aber die vorgeschlagene Formulierung führt aus meiner Sicht zu einer Abschwächung der Tat.



      "Pädosexuelle-Kriminalität": "Ach, Bildchen schauen ist ja nicht so schlimm..." Nein, es ist furtbarer Missbrauch / Zerstörung von unschuldigen Menschenleben!

      Ebenso wie "sexualisierte Gewalt" aus meiner Sicht abschwächend wirkt. Vergewaltigung ist immer sexuell zu begründen und Gewalt bleibt Gewalt. Morde (Femizide) werden ja in unterschiedlichen Kulturkreisen teilweise anderes beurteilt. Daher ist es aus meiner Sicht eben so sehr wichtig, es als Mord zu bezeichnen und auch so zu behandeln!

      Die Nachricht vom Ermittlungserfolg habe ich mit größter Freude aufgenommen und hoffe doch sehr, dass die in Obhut genommenen Kinder noch eine Chance haben!!!

      • @Ansu:

        "Die Nachricht vom Ermittlungserfolg habe ich mit größter Freude aufgenommen"

        Die Polizei hatte Wochen nachdem die Plattform in 2022 online ging bereits Zugriff auf die Server und hätte sie abschalten können. Das haben sie aber nicht gemacht um sie drei Jahre laufen zu lassen und Täter abzugreifen. Am ende kamen alle Betreiber davon und "nur" 1400 wurden identifiziert.

        Das FBI hattr auch mal jahrelang eine Seite übernommen und sie sogar verbessert (Bugfixes für mehr Perfomance). Absolut unwürdig. Reiht sich alles in die geleakten Berichte ein, wo beschlossen wurde solche Bilder/Seiten nicht zu löschen (s. NRW-Innenminister dazu).

        Außerdem sind diese "Bildchen" juristisch auch japanische Zeichnungen von teils Fantasiewesen und/oder jung aussehenden Personen. Daher kann man nicht immer von "Vergewaltigung" "Leben für immer zerstört" sprechen, da juristisch hinter dem Begriff mehr steckt. In dem Fallr jetzt nicht, aber begrifflich wäre es das Gleiche.

    • @Hans - Friedrich Bär:

      Das ist interessant und war mir bislang nicht bewusst. Es ist jedoch wichtig, diese Unterscheidung zu kennen - finde ich.

      • @Perkele:

        Danke für Ihre Zustimmung und Ihr Interesse.