Schischa-Bars und Rauchverbot: Hoffen, dass keiner kontrolliert
Viele Schischa-Bars haben keinen "abgrenzbaren Raucherraum" - und Chillen bei Wasserpfeife ist vor der Tür nun mal unmöglich. Die Wirte hoffen, dass die Kontrolleure wegschauen.
BERLIN taz Maher Abdelnour hat schon über eine Lösung nachgedacht. In einem seiner beiden Schischa-Restaurants "könnte man einen Raum für Raucher abtrennen, vielleicht mit Glasscheiben". Er selbst würde das Rauchverbot zwar verkraften, da die Gäste bei ihm vor allem essen, meint der Wirt, der in Berlin zwei Restaurants betreibt. Die Schischa-Bars allerdings, die vor allem vom Angebot des Wasserpfeifenrauchens leben, die "sind aufgeschmissen."
Ab 1. Januar führen acht weitere Bundesländer ein Rauchverbot in Gaststätten ein: Berlin, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. In Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen gelten bereits Rauchverbote. Vor allem die Betreiber von Cafés mit orientalischem Ambiente, die das Schmauchen von Wasserpfeifen als Attraktion anbieten, fürchten nun um ihre Existenz. "Wir hatten bereits Anrufe von Betreibern von Schischa-Bars", berichtet Regine Kneiding, Sprecherin der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Verbraucherschutz, "aber wir können keine Ausnahmen machen. Es gilt die Wettbewerbsgleichheit."
Es gibt nur wenige Möglichkeiten, das Rauchverbot zu umgehen. Eine davon besteht darin, einen Nebenraum für Raucher abzutrennen - allerdings nicht in Bayern. Der Nichtraucherraum "muss größer sein als der Raum für Raucher", erläutert Kneiding die Regeln, die Abgrenzung müsse fest sein, "ein Vorhang reicht nicht". In kleinen Schischa-Bars ist eine solche Teilung nicht möglich, und sie macht auch keinen Sinn.
Die Lösung, die Raucher einfach vor die Tür ins Freie zu schicken, wäre gleichfalls absurd: Wasserpfeifen müssen auf festem Untergrund stehen, man kann sie nicht mal so eben in der Hand halten. Oft rauchen mehrere Leute an einer Pfeife, eine Füllung aufzuschmauchen dauert eine Stunde. Die ganze Kultur des Chillens mit der Wasserpfeife funktioniert nun mal nicht draußen vor der Tür.
Manche Betreiber von Schischa-Bars hoffen daher auf eine andere Lösung. "Wir versuchen vielleicht, als Club weiterzumachen", kündigt der Betreiber der Rababa Schischa Lounge in Berlin an. Die Hoffnung, einen sogenannten Privatclub zu gründen und damit das gesetzliche Rauchverbot in Gaststätten zu umgehen, dürfte allerdings, zumindest in Berlin, vergeblich sein. "Hier ist das nicht gestattet", sagt Kneiding. Schließlich erfüllten die Wasserpfeifen-Kneipen nicht die Vorgaben für einen Privatclub: "Der Eingang ist öffentlich zugänglich, die Mitglieder wechseln ständig", erläutert die Sprecherin, "das steht den Vorgaben für einen Privatclub entgegen." Die Auslegung der Vorschriften für Privatclubs muss jedoch in den Bundesländern nicht einheitlich sein.
Bleibt die Hoffnung, dass die Behörden nicht so genau hingucken ab 1.Januar. "Wir machen einfach weiter", sagt der Inhaber des Kairo Orient Cafés in Berlin. "Viele Betreiber von Schischa-Lounges verdrängen das Rauchverbot einfach", schildert Erdal Zorsöker. Er ist Inhaber eines Großhandels für Tabak und Schischa-Zubehör im hessischen Wiesbaden und Betreiber der website: www.shisha-forum.de. Laut Zorsöker hat in seiner Stadt erst eine Schischa-Kneipe geschlossen, obwohl dort seit dem 1. Oktober Rauchverbot besteht. Von einem Fall, in dem Bußgeld verhängt wurde, ist ihm noch nichts bekannt. Allein aus Mannheim berichtete kürzlich die Wormser Zeitung über zwei Fälle, wo in zwei Schischa-Bars Bußgelder in Höhe von jeweils 35 Euro festgelegt wurden. Die für Einhaltung des Rauchverbots zuständigen Ordnungsämter in Berlin sind bei den Bezirken eingerichtet.
In der Hauptstadt werden allerdings erst vom 1. Juli an konkret Bußgelder verhängt, schildert Marlies Meunier, Leiterin des Wirtschafts- und Ordnungsamtes im Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain. Vorerst werde man das Rauchverbot in den Gaststätten nur in die "regulären Streifengänge bis 22 Uhr" aufnehmen und die Gastwirte mit rauchenden Gästen lediglich "ermahnen". Allerdings muss das Ordnungsamt Hinweisen von Bürgern auch "gezielt" nachgehen. Bleibt abzuwarten, ob Gastwirte, die auf das Rauchverbot achten, dann nicht Raucher in der Kneipe nebenan verstärkt anschwärzen. BARBARA DRIBBUSCH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr