: Schimon Peres auf Stimmenfang
■ Israels Oppositionsführer will Friedensprozeß aussetzen/ Gespräche mit Likud über den Termin
Tel Aviv (taz/dpa) — Noch steht der Wahltermin in Israel nicht fest, da versuchen die Parteien bereits, sich möglichst gute Ausgangsbedingungen für den Wahlkampf zu verschaffen. Beispielsweise Schimon Peres, der Vorsitzende der oppositionellen Arbeiterpartei. Er schlug am Sonntag vor, den Nahost-Friedensprozeß während der Wahlkampagne auszusetzen und erst danach wieder aufzunehmen — „nicht als Schauspiel, sondern um den Friedensprozeß zu fördern“. Hinter dieser Argumentation steht jedoch das Bemühen, Ministerpräsident Jizchak Schamir seine Trumpfkarte für den Wahlkampf aus der Hand zu schlagen: der Likud- Block wird nämlich damit argumentieren, daß er sowohl den Friedensprozeß betreibt als auch die Siedlungspolitik fortsetzt und zu keinerlei Kompromissen bereit ist.
Beliebt machte sich Peres mit seinem Vorstoß jedoch nicht. Auch sein innerparteilicher Konkurrent Jizchak Rabin mochte sich damit nicht anfreunden. Er bezeichnete den Vorschlag als bedauerlich und schädlich. Es wäre sehr ungünstig, so Rabin, wenn man in Israel selbst, in den USA und weltweit darauf hinweisen würde, daß die Arbeiterpartei die Friedensgespräche einfrieren will. Auch wenn es kaum Hoffnung auf irgendwelche Fortschritte gebe, sollte doch der Verhandlungsrahmen aufrechterhalten bleiben, bis die Arbeiterpartei die Wahlen gewonnen hat, meinte Rabin optimistisch.
Ins gleiche Horn stießen Schamir und Außenminister David Levy, die den Vorschlag von Peres scharf verurteilten. Schamir sprach von einem „Schlag gegen den Frieden, bevor er begonnen hat“. Levy bekräftigte seine Absicht, den Prozeß fortzusetzen, „für den diese Regierung sogar ihre Mehrheit aufgegeben hat“.
In der Frage des taktischen Vorgehens haben sich Peres und Rabin offenbar gestern geeinigt. Danach sollen sofort Kontakte mit dem Likud- Block aufgenommen werden, um sich auf einen Termin für die Wahlen zu verständigen und einen entsprechenden Gesetzesvorschlag auszuarbeiten — eine Variante, die Rabin befürwortet hatte. Falls es zu keiner Übereinkunft kommt, will die Arbeiterpartei nächste Woche versuchen, die Regierung über ein Mißtrauensvotum zu stürzen. Peres hatte diese Variante ursprünglich vorgezogen.
In der besetzten Westbank wurde am Sonntag ein US-Bürger von drei maskierten Unbekannten erschossen. Über die Hintergründe der Ermordung von Albert Gluck, eines 66jährigen Lektors des Instituts für Archäologie an der Birzeit-Universität, war zunächst nichts bekannt.
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