Schilleroper auf St. Pauli: Der längere Atem
Die Hamburger Schilleroper steht als fester Zirkusbau unter Denkmalschutz. Doch die Eigentümerin möchte lieber abreißen lassen.
M al angenommen, Sie hätten einige Millionen Euro parat, die Sie gern investieren würden, vielleicht in eine Immobilie, möglichst in bester Lage – am Rande von St. Pauli zum Beispiel, auf einem Platz, umgeben von Wohnhäusern, der von drei Straßen begrenzt wäre und der Ihnen dann ganz allein gehören würde.
Sie könnten da wirklich was hinstellen, was Großes, wenn, ja wenn da nicht schon was stehen würde. So ein baufälliges rundes Gebäude, von dem es heißt, dass da ganz früher mal ein Zirkus drin war, zuletzt hatte da wohl irgendwo so ein Club Unterschlupf gefunden, dann war aber damit Schluss. Seit Jahren stehe dieses Gebäude leer, aber: Sie können es nicht abreißen. Warum? Denkmalschutz!
Diesen Platz am Rande von St. Pauli gibt es wirklich, und das runde Ding, das darauf steht, nennt sich „Schilleroper“. „Der um 1890 als Zirkus von seinem Direktor Busch errichtete Rundbau hat einen Gesamtdurchmesser von etwa 40 Metern und wird von einer Stahlkonstruktion getragen, die dem Gebäude seine Kubatur verleiht“, so beschrieb recht treffend das Hamburgische Oberverwaltungsgericht das Gebäude, dessen Unterschutzstellung es 2012 formal bestätigte – der damalige Eigentümer hatte geklagt.
Die Schilleroper ist der letzte erhaltene feste Zirkusbau in Deutschland. In ganz Europa gibt es nur noch wenige davon. Ein weiterer steht im belgischen Gent: der „Winterzirkus.“ Zwischenzeitlich als Autowerkstatt genutzt, wurde das Gebäude in den vergangenen Jahren aufwendig saniert. Jetzt dient es als Kulturzentrum. Die Eröffnung war im September.
Hochfliegende Pläne
Auch die Freund*innen der Schilleroper aus der Nachbarschaft, die sich zu einer Initiative zusammengeschlossen haben, würden sich eine kulturelle Nutzung des Ortes wünschen, doch damit beißen sie bei der jetzigen Eigentümerin Mareike Janssen auf Granit. Gleich nach dem Erwerb der Immobilie im Jahr 2014 begannen deren Vertreter, hinter den Kulissen mit den Behörden zu verhandeln. 2017 dann präsentierte der damalige Leiter des Bezirksamts Hamburg-Mitte, Falko Droßmann (SPD), die Pläne der Eigentümerin: Sie zeigten einen Wohnturm, der mit seinen zehn Geschlossen weit über die zulässige Höhe an diesem Ort hinausging.
Von der Schilleroper und ihrer Stahlkonstruktion war auf den Plänen nichts mehr zu sehen. Allenfalls der runde Innenhof hätte noch an die alte Schilleroper erinnert, die die Eigentümerin am liebsten abreißen lassen würde: Bevor die Pläne vorgestellt wurden, hatte sie einen (letztlich erfolglosen) Antrag auf Befreiung vom Denkmalschutz gestellt.
Sieben Jahre ist das jetzt her. Von der Schilleroper steht nur noch das denkmalgeschützte Stahlskelett, durch das der Wind pfeift, und schlechter noch: auf das der Regen fällt. Der Stahl rostet, und Mareike Janssens Anwälte liefern sich einen juristischen Kleinkrieg mit dem Denkmalschutzamt, dessen Aufgabe es ja ist, für den Erhalt der Stahlkonstruktion zu sorgen.
Es ist ein endloses juristisches Tauziehen, von dem wir dank Heike Sudmann von der Hamburger Linksfraktion wissen, die über die Jahre hinweg 27 Anfragen an den Senat gestellt hat. Derzeit ist dieser wieder bei einer Sicherungsverfügung angelangt, welche die Eigentümerin verpflichten soll, Maßnahmen zum Korrosionsschutz der rostenden Stahlträger zu ergreifen.
Kulturbehörde ist optimistisch
Nur leider hat Mareike Janssen, wie schon so oft, dagegen Widerspruch einlegen lassen. Es wird mindestens Sommer 2025 werden, bis sich was bewegt, wenn überhaupt. Die Kulturbehörde, die das Denkmalschutzamt vertritt, ist optimistisch, dass die Substanz den Winter übersteht. Diese sei „erstaunlich gut“. Nur, wie viele Jahre soll das noch so weitergehen?
Es wäre möglich, die alte Zirkushalle als Ausgangspunkt zu nehmen, um aus diesem Ort etwas zu machen. So aber herrschen nur Leerstand und Verfall. Wenn Eigentümer beim Denkmalschutz nicht mitspielen, gibt es immer noch die Möglichkeit der Enteignung. Auch im Hamburgischen Denkmalschutzgesetz ist sie vorgesehen.
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